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Der Berliner Senat will die Bebauung des Tempelhofer Feldes trotz aller
Widerstände voranbringen. Gut 10 Jahre nach dem Erfolg des Volksentscheids,
der jegliche Bebauung per Gesetz untersagte, startete am Mittwoch ein neuer
Ideenwettbewerb. Renommierte Landschafts- und Architekturbüros sollen
Entwürfe entwickeln, die den Berliner:innen zumindest eine teilweise
Bebauung des Rollfelds des ehemaligen Flughafens schmackhaft machen sollen.
Der Senat argumentiert, die sich verschärfende Wohnungsnot hätte die
Rahmenbedingungen verändert, heute sei bestimmt eine Mehrheit der
Hauptstädter:innen für eine Bebauung. Eine fragliche Argumentation,
denn am grundlegenden Problem hat sich nichts verändert: Die Motivation des
Senats sind kapitalistische Verwertungsinteressen, und nicht das
Allgemeinwohl.
Dabei wurde auch in den [1][beiden Dialogwerkstätten,] die der Senat im
Vorfeld des Ideenwettbewerbs mit zufällig ausgewählten Bürgern
veranstaltete, klar: Das Feld soll so bleiben, wie es ist.
Die Debatte über die Bebauung des Tempelhofer Felds mag dabei gerade für
Nichtberliner:innen etwas absurd anmuten. Denn was könnte eine
Großstadt wie Berlin mit einer zentral gelegenen 300-Hektar-Freifläche
alles anstellen: [2][dringend benötigter sozialer Wohnraum, eine
öffentliche Bibliothek, ein Park, Wald oder gar See.] An Gestaltungsideen
für das Tempelhofer Feld mangelt es seit der Einstellung des Flugbetriebs
2008 nicht.
## Klare Mehrheit gegen eine Bebauung
Doch die Berliner:innen entschieden sich, lieber (fast) nichts zu tun.
Im Jahr 2014 stimmte eine klare Mehrheit im Volksentscheid gegen jegliche
Bebauung. Objektiv betrachtet überzeugen nur wenige Argumente für einen
hundertprozentigen Erhalt der leeren Fläche. So wird die stadtklimatische
Bedeutung des Feldes überschätzt. [3][Der Klimatologe Dieter Scherer
berechnete,] dass der Kühlungseffekt nur die angrenzenden Wohnungsgebiete
erreiche, nach wenigen hunderten Meter aber kaum noch einen Effekt habe.
Stadtklimatisch sinnvoller wäre es, kleinere, über die Stadt verteilte
Grünflächen neu zu schaffen – oder auf Nachverdichtung zu verzichten.
Befürworter:innen betonen an dieser Stelle gerne [4][den subjektiven
Wert des ehemaligen Flughafengeländes], den freien Blick, den frischen
Wind, die malerischen Sonnenuntergänge. Doch mal ehrlich, sind ein paar
betonierte Rollbahnen und 300 Hektar Wiese, die kaum Schatten bieten,
wirklich das Nonplusultra der Naherholung?
Angesichts knapper Kassen in Berlin gehört allerdings nicht viel Fantasie
dazu, dass aus den versprochenen Sozialwohnungen überteuerte Luxuswohnungen
werden. Wer kann versichern, dass aus einem Park nicht mal ein privater
Golfplatz wird?
Die Stadtentwicklungspolitik des Nachwendeberlins folgte bislang immer dem
Muster, öffentliche Flächen an private Investoren zu verscherbeln. So ist
das ehemals pulsierende kulturelle Leben am Spreeufer längst gesichtslosen
Bürobauten gewichen. Warum sollte es beim Tempelhofer Feld anders sein?
Schwer vorstellbar ist es auch, dass auf die Bebauung von Pankower
Innenhöfen verzichtet wird, weil auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen
entstehen. Es wird beides passieren, weil jede bebaubare Fläche in dieser
Stadt eine Profitmöglichkeit ist.
Was auch immer als Siegerentwurf aus dem Ideenwettbewerb hervorgehen wird,
mag zwar auf dem Papier gut klingen. Doch jede Bebauung hätte zur Folge,
die Fläche in für die Immobilienbranche verwertbare Grundstücke
aufzuteilen. Wenn das Tempelhofer Feld ein Ort für die Allgemeinheit
bleiben soll, führt so leider kein Weg am Erhalt des Status quo vorbei.
16 Nov 2024
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