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Opposition sagt man, sei Mist. Aber Selbstentleibung ist auch nicht toll:
Der neue rot-grün-rote Koalitionsvertrag in Bremen überrascht durch die
Rücksichtslosigkeit, mit der die SPD ihre Interessen durchsetzt, und auf
welche Kompetenzbeschneidungen sich die kleinen Partnerinnen eingelassen
haben.
So hatte Kristina Vogt (Linke) als Senatorin das Zusammenspiel von
Wirtschaft und Arbeit erfolgreich gestaltet. Künftig ist sie für Häfen
zuständig, aber nicht mehr für Arbeit. Das ist bitter: Vogts größte Stärke
ist nämlich der Kontakt zur werktätigen Bevölkerung.
Sie spricht die Sprache der einfachen Leute. Davon hatten nicht nur ihre
Partei und sie selbst – [1][mit 23.000 persönlichen Stimmen] – profitiert,
sondern auch Bremens gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Dieses Potenzial wird stillgelegt. Ist das Absicht? Darf etwa niemand neben
Senatspräsident Andreas Bovenschulte populär sein?
Schlimmer erwischt hat es selbstredend die Grünen: Von drei auf zwei
Senatsposten runter, das entspricht natürlich der Wahlarithmetik. Die SPD
macht jetzt also wieder Soziales. Aber was bleibt vom Herzens- und
Identitäsressort der Ökopartei übrig?
## Eine Grüßauguste regiert mit
Früher mal waren sie ja mit einer Spitzenkraft zuständig für
Stadtentwicklung, Bau, Energie, Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz,
Ökolandwirtschaft und einst auch für Europa. Die neue Senatorin für Klima,
Umwelt, Energie und Wissenschaft [2][hat zwar auch viele Titel, aber keine
Exekutivmacht]. Sie ist eine Grüßauguste. Immerhin bleibt die Bezahlung
gleich.
Dem müssen die Parteien nun zustimmen: Es wäre unverantwortlich, Neuwahlen
zu riskieren. Das hatte die Position der SPD über den Wahlgewinn hinaus
gestärkt. Weil sie das schamlos ausgenutzt hat, wird jetzt laut vom Grillen
der Verhandler*innen schwadroniert.
Doch der Senat – de jure nach wie vor ein Organ gleichberechtigter
Kolleg*innen – rückt auf diese Weise klar in Richtung informeller
Monarchie. Abgebildet findet sich darin ein allgemeiner Backlash ins
Autoritäre.
Von dem hatte die SPD bereits bei der Wahl profitiert, weil sie nun mal den
größten starken Mann im Angebot hatte. Den Trend im Koalitionsvertrag
machtpolitisch festzuschreiben, mag zwar zukunftsweisend sein,
Fortschrittlich ist es nicht.
27 Jun 2023
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