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Berlin taz | Die Probleme – Stagnation der Wirtschaft, russischer Angriff
auf die Ukraine – sind nicht verschwunden, nur weil die Ampel abgeschaltet
wurde. Im Gegenteil: Wegen der [1][Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten]
bedürfen die hiesigen Unternehmen womöglich zusätzlicher Unterstützung. Wie
geht es deshalb weiter mit den Staatsfinanzen und dem noch nicht
beschlossenen Bundeshaushalt für 2025?
Der Haushalt für das laufende Jahr ist in Kraft, bis Jahresende können die
rot-grüne Rumpfregierung und ihre Ministerien die bereits beschlossenen
Vorhaben in vollem Umfang weiterbetreiben. Sollte Geld fehlen, kann dies
der neue Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) genehmigen und in
bestimmtem Umfang auch mit Extrakrediten finanzieren.
Für das kommende Jahr ab Januar 2025 aber existiert bislang kein
abgestimmter Haushaltsplan. Den wollten die Ampelfraktionen im Bundestag
eigentlich am 15. November abschließend beraten. Daraus wird wohl nichts.
Grundsätzlich wäre es zwar möglich, dass die FDP-Fraktion im Bundestag
zusammen mit SPD und Grünen ein Budget für 2025 beschließt, obwohl die
Liberalen nicht mehr Teil der Regierung sind.
Damit würden sich die FDP-Abgeordneten allerdings gegen ihre Parteiführung
unter dem entlassenen Finanzminister Christian Lindner stellen.
Unwahrscheinlich, dass sie und ihre Fraktionsführung das tun. Ebenso wenig
wird die Union bereit sein, mit der rot-grünen Minderheitsregierung einen
Haushalt für das nächste Jahr auszuhandeln. Denn dabei würden CDU/CSU
weniger durchsetzen, als wenn sie mit Mehrheit nach der Bundestagswahl
selbst regierten. So dürfte der Haushalt 2025 vermutlich erst Mitte
kommenden Jahres fertig werden – nach der Bundestagswahl, der
Regierungsbildung und einem neuen Koalitionsvertrag.
## Vorläufige Haushaltsführung
Trotzdem bricht ab Januar 2025 nicht alles zusammen. Denn ohne Haushalt
kann und muss die rot-grüne Minderheitsregierung auf eine vorläufige
Haushaltsführung zurückgreifen. „Dieses Verfahren kommt oft zum Zug“, sagt
Désirée Christofzik, Professorin für Finanzwissenschaft an der Uni Speyer.
„Findet die Bundestagswahl beispielsweise im September statt, dauert die
vorläufige Haushaltsführung in der Regel bis zum kommenden Sommer.“
Basierend auf Artikel 111 des Grundgesetzes dürfen die alte Regierung und
die Ministerien Geld ausgeben, um etwa „gesetzlich beschlossene Maßnahmen
durchzuführen“ und „die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu
erfüllen“.
Milliardensummen, die großen Teilen des Vorjahresbudgets entsprechen,
fließen weiter, beispielsweise für die Gehälter der Beamt:innen, für
Sozialleistungen, Baumaßnahmen, Förderprogramme und Investitionen. „Neue
Maßnahmen, die zusätzliche Ausgaben nach sich ziehen, sind im Jahr ohne
beschlossenen Haushalt aber nur ausnahmsweise möglich“, erklärt
Christofzik.
Werden nun also all die dringlichen Entscheidungen bis Juli oder August
2025 verschoben – Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Stagnation, Waffen
und [2][Geld für die Ukraine]? Nicht unbedingt. Darauf deutet die
Entscheidung von Verkehrsminister Volker Wissing hin, nicht die Regierung
zu verlassen, sondern die FDP. Wechselnde Mehrheiten im Bundestag sind
möglich und könnten im laufenden Haushaltsjahr noch neue Gesetze und
weitere Ausgaben auf den Weg bringen.
Darauf will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinaus. Er hofft, schnell
zusätzliches Geld für die Ukraine lockerzumachen und einige Punkte zur
Unterstützung der Wirtschaft zu beschließen. Aber mit wem? FDP-Chef Lindner
hat seine Mitwirkung am Donnerstag nicht komplett ausgeschlossen.
Vielleicht ist etwa eine kleine Steuersenkung zugunsten der Unternehmen und
Privathaushalte als letzte Handlung der Ampel noch möglich.
Unklar erscheint die Bereitschaft der Union. Warum sollte sie Rot-Grün
zusätzliche Regierungsmonate verschaffen? Andererseits lastet auch auf CDU
und CSU der Druck, jetzt schnell etwas gegen die Stagnation zu unternehmen
– und nicht erst nächstes Jahr.
8 Nov 2024
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