# taz.de -- Nachfolge für Spitze der Grünen Jugend: Gefunden: Junge Leute mit Hoffnung

> Nach dem Austritt der alten Spitze wollen Jette Nietzard und Jakob Blasel
> die Grüne Jugend führen. Auch sie sind links – aber noch nicht
> abgefressen.
Berlin taz | Die Zukunft der Grünen Jugend (GJ) nimmt Konturen an: Zwei
Wochen nach der Ankündigung des gesamten Bundesvorstands,
[1][zurückzutreten und die Grünen zu verlassen], erklärten am Sonntag der
24-jährige Jakob Blasel und die 25-jährige Jette Nietzard ihre
Kandidaturen. Dem Vernehmen nach werden sie im Verband breit unterstützt,
beim Bundeskongress am kommenden Wochenende haben sie gute Wahlaussichten.
Zuerst hatte am Morgen [2][die Süddeutsche Zeitung über die Personalie
berichtet].

Einen fundamentalen Richtungswechsel gäbe es unter dem Duo wohl nicht:
Blasel und Nietzard verorten sich links und kritisieren den Kurs der Grünen
in der Ampel. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen haben sie aber noch
Hoffnung, die Partei durch die Arbeit im Jugendverband verändern zu können.

[3][Blasels inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf der Klimapolitik]. Der
Student aus Lüneburg ist seit Jahren in der Klimabewegung aktiv und war
Mitorganisator der ersten Demos von Fridays for Future in Deutschland.
[4][In seinem Bewerbungsschreiben an die Mitglieder] der Parteijugend heißt
es, man dürfe sich nicht „beim ersten Gegenwind zum Klimaschutz wegducken –
sondern muss Lösungen finden, die sozial absichern und die Reichen zur
Kasse bitten.“ Der Mitte-Kurs der Grünen befeuere am Ende nur den
Rechtsruck.

Nietzard arbeitet aktuell für das Deutsche Kinderhilfswerk in Berlin.
Eigenen Angaben zufolge ist sie 2019 zu den Grünen gekommen, weil sie
„Kinderarmut beenden wollte“. Auf ihrem TikTok-Kanal veröffentlicht sie
Videos auch zu Themen wie Feminismus und Flüchtlingsrechten. [5][In ihrem
Bewerbungsschreiben heißt es], strategisch sei es ihr wichtiger, „wir
können mit Menschen auf der Straße über Gerechtigkeit sprechen als
kapitalistische Wirkmechanismen auf wissenschaftlichem Niveau wiedergeben“.

## Klassenkampf und Dönerpreise

Das kann man als Seitenhieb auf diejenigen lesen, die die Grüne Jugend
verlassen. Beim scheidenden Vorstand und der ehemaligen Bundessprecherin
Sahra-Lee Heinrich, die zusammen einen neuen Jugendverband gründen wollen,
ist oft von Klassenstandpunkten die Rede. Allerdings tauchten in der
Vergangenheit in ihren Kampagnen auch lebensnahe Themen auf, im
Europawahlkampf ging es zum Beispiel um gestiegene Dönerpreise.

Zu den Zukunftsplänen der Aussteiger*innen ist bislang wenig bekannt.
Bis zum Bundeskongress und der Übergabe an den neuen Vorstand wollen sie
sich mit Querschüssen zurückhalten. Unklar ist auch, wie viele Mitglieder
mit ihnen den Verband verlassen werden. Offiziellen Angaben zufolge ist an
der Basis der Grünen Jugend bisher keine Austrittswelle zu verzeichnen.

[6][Angeschlossen haben sich allerdings Vorstandsmitglieder aus mehreren
Landesverbänden]. Schon über längere Zeit hatte sich die Funktionärsebene
der Jugend von der eigenen Partei entfremdet. Inhaltlich haderten
GJ-Vorstände mit vielen Kompromissen der Grünen in der Regierung. Auf
Parteitagen mobilisierten sie zwar häufig Unterstützung für
Protest-Anträge. Mehrheiten erreichten sie trotzdem so gut wie nie. In der
Folge hatten sie sich zuletzt schon weitestgehend aus Auseinandersetzungen
in der Partei zurückgezogen.

Diejenigen, die bleiben, hoffen nun auf einen neuen Schwung. Timon Dzienus
war bis 2023 selbst Bundessprecher der Grünen Jugend, will nächstes Jahr
für den Bundestag kandidieren, mischt im Hintergrund aber auch im
Jugendverband weiter mit. Der taz sagte er, er unterstütze die beiden neuen
Kandidat*innen.

## „Wieder zum Machtfaktor machen“

„Mit Jette Nietzard gewinnt die Grüne Jugend eine unglaublich begeisterte
Kämpferin für soziale Gerechtigkeit. Jakob Blasel steht wie kein anderer
für konsequenten und sozialen Klimaschutz“, sagte Dzienus.

„Die beiden werden die Auseinandersetzung in und mit der Grünen Partei
sicherlich wieder mehr suchen. Ich traue den beiden dabei sehr viel zu“, so
Dzienus. Gerade jetzt sei eine starke Grüne Jugend dringend notwendig. Er
rechne fest damit, dass „beide die Grüne Jugend wieder zu einem wichtigen
Machtfaktor in der Grünen Partei machen werden“. Das sei der Jugendverband
schon in den letzten Jahren immer wieder gewesen, beispielsweise in der
Auseinandersetzung um die Abbaggerung des Dorfs Lützerath im rheinischen
Kohlerevier.

Der Kandidat Blasel sagt in seinem Bewerbungsschreiben, er teile
ausdrücklich „die Kritik an der Ampel und an den Grünen von denen, die
gehen“. Auch Nietzard schreibt von „Frustmomenten“ in den letzten Jahren,
gibt sich für die Zukunft aber zuversichtlich: „Gemeinsam werden wir
Bündnis 90/Die Grünen von Kreisverband bis Bundesebene an ihre Grundwerte
erinnern und nach links schieben.“ Offen bleibt, was genau sie anders
machen wollen als ihre Vorgänger*innen, um parteiintern mehr zu erreichen.
Für Nachfragen waren sie am Sonntag nicht zu sprechen.

Nachdem der alte Vorstand seinen Rücktritt angekündigt hatte, gab es bei
einigen Grünen allerdings auch ganz andere Ambitionen: Manche Realos hatten
die Hoffnung, dass ihr Flügel künftig wieder Einfluss im stark links
geprägten Jugendverband erhalten wird. Zumindest in der möglichen
Doppelspitze spiegelt sich das jetzt nicht wider. Zu besetzen sind auch
noch weitere Vorstandsposten. Aussichtsreiche realo-nahe Kandidaturen gab
es bis Sonntagmittag aber auch dafür nicht.

13 Oct 2024

## LINKS
[1] /Nach-Ruecktrittswelle-bei-den-Gruenen/!6035815
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/gruene-jugend-chefs-nachfolge-spitze-sprecher-gruene-lux.7zDfD3oHf7qwrBvb5o5Muw?login=
[3] /Gruene-ueber-verzoegerten-Atomausstieg/!5871765
[4] https://bv.antrag.gruene-jugend.de/buko58/jakob-blasel-9686
[5] https://bv.antrag.gruene-jugend.de/buko58/jette-nietzard-13396
[6] /Austritte-bei-Gruener-Jugend-Berlin/!6038126
## AUTOREN
Tobias Schulze
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