| # taz.de -- Zinspolitik der EZB: Der Schaden ist enorm
> Die EZB hat ihre Leitzinsen gesenkt, mit 3,5 Prozent bleiben sie aber
> hoch. Was einst gegen die Inflation notwendig war, spielt nun den
> Populisten in die Hände.
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Der Schritt war überfällig und daher auch allgemein erwartet worden: Die
Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre Leitzinsen um 0,25
Prozentpunkte gesenkt. Der relevante Einlagenzins liegt jetzt bei 3,5
Prozent. Weitere Zinssenkungen werden wahrscheinlich in den kommenden
Monaten folgen.
Die EZB musste ihre Zinsen senken, weil die europäische Wirtschaft
schwächelt. Im zweiten Quartal ist die Eurozone im Vergleich zum ersten nur
um 0,2 Prozent gewachsen, und die deutsche Wirtschaft schrumpfte sogar – um
minus 0,1 Prozent.
Auch gab es keinen Grund für die Zentralbank, weiter gegen die
Geldentwertung anzukämpfen. Denn die Inflation ist stark zurückgegangen. Im
Oktober 2022 wurden noch sensationelle 10,6 Prozent gemessen, jetzt sind es
seit Monaten [1][nur noch 2,4 bis 2,6 Prozent].
Es ist übrigens kein Zufall, dass die europäische Wirtschaft schwächelt.
Genau das wollte die EZB erreichen, weil sich eine Inflation nur indirekt
bekämpfen lässt – indem man die Wirtschaft abwürgt. Wenn die Leitzinsen
steigen und Kredite teuer werden, wird kaum noch investiert. Stellen fallen
weg, und die Nachfrage geht zurück. In den Fabriken entstehen
Überkapazitäten, sodass irgendwann auch die Preise nachgeben.
[2][Die Inflation] ist besiegt, aber die politischen Folgen sind immens:
Die schwächelnde Wirtschaft drückt auf die Stimmung – und begünstigt die
Populisten.
Dieses Phänomen ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, wo AfD und BSW
immer neue Rekorde feiern. Auch in den USA liegen die Leitzinsen immer noch
bei bis zu 5,5 Prozent und damit sehr hoch. Viele WechselwählerInnen
glauben daher, dass Präsident Biden keine Ahnung von Wirtschaft hätte. Also
sind sie geneigt, ihre Stimme Ex-Präsident Trump zu geben – obwohl der am
liebsten faktenbefreit darüber schwadroniert, dass Einwanderer die Katzen
ihrer Nachbarn essen würden.
## Energiepreise sinken
Die weltweite Inflation wurde vor allem durch den Ukrainekrieg ausgelöst,
der Öl- und Gaspreise in die Höhe schnellen ließ. 2022 kostete ein Barrel
Öl (159 Liter) rund 100 Dollar, jetzt sind es nur noch knapp 83 Dollar. Da
die Energiepreise fallen, geht auch die Geldentwertung überall zurück.
Nicht nur die EZB senkt langsam ihre Leitzinsen, auch die
[3][US-Zentralbank Fed] hat angekündigt, dass sie Kredite demnächst
verbilligen wird.
Hohe Inflationsraten lassen sich nicht ignorieren. Aber der Schaden der
[4][drakonischen Zinspolitik] ist enorm: In den USA könnte Trump siegen –
und auch in Deutschland sind die Populisten auf dem Vormarsch.
13 Sep 2024
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