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Nur minimal ist der Geländegewinn. Knapp zwei Meter vom evangelischen
Informationszentrum „Kapitel 8“ abgerückt hat sich die
Friedens-[1][Mahnwache] nun postiert, also auf öffentlichem Grund. Denn
über den hat die Kirche auch in Bremen nicht zu bestimmen. Ob das die Mühe
des Konflikts gelohnt hat? Der fürs [2][Kapitel 8] verantwortliche Pastor
Hans-Jürgen Jung ist sich nicht sicher, ob er die Duldung des Protests,
wenn er es neu entscheiden müsste, noch einmal verweigern würde, räumt er
auf Nachfrage ein.
Zwar hatten die lokalen Bremer Medien brav überhaupt kein Interesse an der
Anekdote. Aber ins Innere des Protestantismus hinein hatten der
evangelische Pressedienst epd und der Informationsdienst der Deutschen
Evangelischen Allianz (Idea) davon berichtet. Und das schmerzt, weil man ja
dabei kleinlich dasteht. Oder lächerlich. Oder beides: Wie man sie auch
dreht und wendet, die [3][Schlagzeile] „Kirche untersagt Mahnwache für
Frieden vor kirchlichem Gebäude“ klingt kacke.
Dass die Bremische Evangelische Kirche durchs Verbot noch nicht einmal die
unerwünschte Präsenz unterbinden kann, weil nur der schmale Streifen direkt
am Haus zu ihrem Grundstück gehört, nicht aber der ganze Vorplatz, macht
die Blamage komplett. Und zusätzlich dissonant wirkt der Vorgang auf alle,
die wissen, dass an der Fassade vom Kapitel 8 ein Transparent hängt, auf
dem der Psalmendichter empfiehlt: „Suche den Frieden und jage ihm nach.“
Man sei sich mit Mahnwachenanmelder Joachim Fischer zwar „einig im Ziel
Frieden“, versichert Pastor Jung, wolle bloß dessen „friedenspolitischen
Vorstellungen“ nicht die „symbolische Autorität der Kirche verleihen“.
Really? Immerhin haben [4][Fischer und seine „Pusdorfer Friedensgruppe“] 16
Jahre lang jeden dritten Freitag im Monat auf dem kircheneigenen Grund
unbeanstandet, wenn nicht gar unbemerkt, ihre Pappschilder vorgeführt, um
„Rüstungsproduktion und -export“ als „Schande für Bremen“ und Waffenhandel
als Verbrechen zu geißeln.
## „Für andere Positionen offen“
Bis zu diesem Jahr: Bei der Regelanfrage durchs Ordnungsamt erteilte die
Kirche kein Einverständnis, „weil wir auch für andere Positionen offen
sind“, wie Jung begründet.
Von dieser neuen Offenheit kalt erwischt worden ist Fischer. Der ist eine
in Bremen bekannte Figur: Als er um 1990 in der Golfkriegszeit die
Pusdorfer Friedensgruppe gründete, ließ der Chemiker sich bereitwillig
„Bommel Fischer“ nennen, was ihm mittlerweile zu unseriös klingt. Auch
unterzeichnet er seine Mails oft – bitte nicht freudianisch lesen! – als
„Glied der evangelischen Christuskirche“.
Den Vertreibungsversuch wertet er als Beleg dafür, dass die Bremische
Evangelische Kirche pazifistische Positionen nicht mehr auszuhalten bereit
ist. „Die unterstützen dieses Kriegsgeschehen“, sagt er und verweist
darauf, dass selbst einer ihrer zwei Friedensbeauftragten die solidarische
Aufrüstung der Ukraine mit deutschen Marschflugkörpern fordert. „Die
haben“, sagt Fischer, „gar keine rote Linie mehr.“ Für ihn ist das „völlig
unvereinbar mit dem christlichen Glauben“, der „zur Gewaltlosigkeit
verpflichtet“.
Klar, dieses pazifistische Sendungsbewusstsein nervt. Aber wer Transparente
mit schmusiger alttestamentarischer Poesie raushängt, darf sich nicht
wundern, wenn er Friedensbewegte anlockt. Dabei gibt’s doch genügend
Bibelsprüche, um sie zu vergrämen: „Verkauf deinen Mantel und kauf dir ein
Schwert!“ aus dem Lukas-Evangelium wäre einer. Ganz zu schweigen von Jesus’
Selbstbeschreibung: [5][„Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen,
sondern das Schwert.“] Muss man sich halt nur trauen aufzuhängen.
23 Feb 2024
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