|
Im Prinzip sind sich ja immer alle einig: Bildung ist wichtig, und in
diesem Bereich sollte nicht gespart werden. Vor allem gilt Schule als Ort,
der Ungleichheiten ausgleicht – oder zumindest abmildert. Denn schließlich
haben alle Kinder und Jugendlichen das Recht auf Bildung. Und Schule sollte
allen gleichermaßen Chancen und Möglichkeiten bieten. Einig sind sich auch
alle darin, dass es zu guter Bildung gehört, die Schule mal zu verlassen
und auf Reisen zu gehen.
Doch Berlin zeigt gerade, dass auf [1][solche Bekenntnisse in
wohlklingenden Reden] nicht viel zu geben ist. Die Bildungssenatorin
Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat die Schulen aufgefordert, bis auf
Weiteres – mindestens bis Ende November – keine Klassenfahrten mehr zu
buchen. Sie begründet das mit Haushaltsvorgaben der Berliner
Finanzverwaltung: Schulen sollen keine Verträge abschließen, die dem Land
künftig Kosten verursachen. Laut [2][Finanzverwaltung muss Berlin 2025 drei
Milliarden Euro] einsparen.
Konkret geht es bei der Sparansage nicht um die Klassenfahrten an sich,
sondern um die Reisekosten für die begleitenden Lehrer*innen. Die Fahrten
gelten als Dienstreisen, das Land übernimmt bisher deren Reisekosten. Doch
die Verwaltung habe sämtliche Dienstreisen nun gestoppt, sagt die
Senatorin. Solange unklar ist, wo genau Berlin drei Milliarden einsparen
kann, sollen keine neuen Kosten entstehen. Dabei machte die CDU-Politikerin
deutlich, dass Fahrten weiterhin stattfinden könnten, wenn Lehrer*innen
bereit seien, selbst für ihre Reisekosten aufzukommen.
Nicht möglich ist es allerdings, die Kosten für Begleitpersonen auf die
Schüler*innen umzulegen, das hatten Gerichte in der Vergangenheit
untersagt. Zuschüsse für Schüler*innen, die Anrecht auf Leistungen aus den
Bundesmitteln für Bildung und Teilhabe haben, gibt es weiterhin.
## Bereitwilliges Streichen bei der Bildung
Es ist nicht das erste Mal, dass Klassenfahrten wegen klammer Kassen
ausgesetzt werden, und Berlin ist nicht das erste Bundesland, das
Klassenfahrten stoppt. Erst im vergangenen Sommer hatte auch
Schleswig-Holstein solche Fahrten massiv eingeschränkt. Doch es erstaunt
immer wieder, wie [3][bereitwillig die Politik im Bereich der Bildung
zusammenstreicht und verknappt], während die Verantwortlichen gleichzeitig
betonen, wie wichtig solche Angebote sind. Dass Klassenfahrten den
Zusammenhalt von Lerngruppen fördern, dass Erfahrungen außerhalb der Schule
sehr wertvoll für die Schüler*innen sind und ihren Horizont erweitern –
das weiß und sagt auch die Bildungssenatorin.
Gleichzeitig ist das Sparpotenzial übersichtlich. Insgesamt waren laut
Bildungsverwaltung für das laufende Jahr 1,5 Millionen Euro für
Klassenfahrten in den Haushalt eingestellt. [4][Dieser Betrag wird Berlins
Haushaltsloch] kaum stopfen.
Und vor allem hat die Idee, dass Lehrer*innen die Kosten ja selbst
tragen könnten, einen faden Beigeschmack. Es ist sogar gut denkbar, dass
die ein oder andere Lehrkraft 300 Euro aus der eigenen Tasche zahlt, um
ihren Schüler*innen ein schönes Erlebnis zu ermöglichen. Aber
[5][engagierte Lehrer*innen leisten sowieso schon viel]. Die Politik
muss bessere Ideen haben, um auch in finanziell schwierigen Zeiten zu
gestalten. Da auf Selbstausbeutung zu setzen, ist zu schwach.
Ein Stopp von Klassenfahrten ist auch nichts „irgendwie zu
Verschmerzendes“. Denn dass die Politik da dran geht, ist ein Warnzeichen:
[6][In der Bildung und im Sozialen dreht die Politik inzwischen jeden Euro
mehrfach] um, bevor sie ihn ausgibt. Dabei ist schon lange klar: Jeder früh
eingesetzte Betrag spart am Ende das Mehrfache an Folgekosten ein, mit
denen unterfinanzierte Systeme wieder stabilisiert werden müssen.
18 Oct 2024
## LINKS
|