# taz.de -- Verlust für Hamburgs Grüne: Umweltsenator Jens Kerstan hört auf

> Der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) tritt bei der nächsten
> Bürgerschaftswahl nicht mehr an. Der 58-Jährige nennt gesundheitliche
> Gründe.
Es gibt Momente im Leben eines Politikers, wo er merkt, dass sich der Kampf
lohnt. Für Hamburgs scheidenden Umweltsenator Jens Kerstan (Die Grünen)
dürfte ein solcher am 19. August gewesen sein. Da übergab
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Förderbescheide für ein
Wasserstoff-Leitungsnetz im Hamburger Hafen und einen
Wasserstoff-Elektrolyseur am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks
Moorburg.

Eine Zukunftsvision – der Ersatz von Kohlenstoff als Energieträger und das
[1][Ende der CO2 emittierenden Wirtschaft – werde real, s]agte Kerstan bei
dem Vor-Ort-Termin sichtlich zufrieden. Dabei hatten die Grünen in seiner
Zeit als Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft das Kohlekraftwerk
Moorburg noch zähneknirschend akzeptieren müssen, obwohl sie mit dessen
Verhinderung Wahlkampf gemacht hatten.

Doch das ist Geschichte. [2][Hamburg ist auf dem Weg, seine
Energieversorgung klimaneutral zu gestalten] und Kerstan hat wesentlich
dazu beigetragen. Als Fraktionschef unterstützte er 2012/13 gegen die
regierende SPD die Volksinitiative zum Rückkauf der Hamburger
Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme.

Der folgende Volksentscheid war knapp erfolgreich. Kerstan, Umweltsenator
seit Beginn der rot-grünen Koalition in Hamburg 2015 – setzte ihn gegen
Widerstände um, und bekam damit ein Mittel in die Hand, die Energiewende
voranzutreiben. Allerdings geht das langsamer als gedacht, so dass
Hamburger Fernwärme heute immer noch in einem überalterten Kohlekraftwerk
in Wedel erzeugt wird.

## Verwurzelt im Umweltschutz

Kerstan kam als Umweltschützer zur Parteipolitik. Von 1995 bis 2011 war er
Vorsitzender des Naturschutzverbandes Gesellschaft für Ökologische Planung
(GÖP). Hamburgs Nabu-Vorsitzender Malte Siegert bescheinigte ihm deswegen
ein besonderes Verständnis für die Arbeit von Umwelt- und
Naturschutzverbänden. „Im Senat hat er keine Konflikte gescheut und somit
in seiner Amtszeit wesentlich dazu beigetragen, die Grenzen hin zu mehr
Stadtgrün, zu mehr Biodiversität zu verschieben“, lobte Siegert.

Bundesweit Schlagzeilen machte Kerstan [3][mit Durchfahrtsverboten auf zwei
Hauptverkehrsstraßen für Dieselfahrzeuge], die bestimmte Abgasnormen nicht
erfüllten. Mit dem Dieselfahrverbot reagierte er darauf, dass der von der
EU als kritisch angesehene Grenzwert für Stickstoffdioxid dort regelmäßig
überschritten wurde.

In seiner Zeit als Fraktionschef arbeitete er sich tief in die Vorgänge
ein, die im Zuge der Finanzkrise ab 2008 zur milliardenteuren Krise der
HSH-Nordbank führten. Als Fehler räumte er gegenüber dem Hamburger
Abendblatt ein, dass Schwarz-Grün 2009 keinen Kompromiss mit der
Volksinitiative gegen die damals geplante Schulreform fand. Das
sechsjährige gemeinsame Lernen scheiterte – und damit auch die
schwarz-grüne Koalition unter Ole von Beust.

Dass er bei der [4][im März anstehenden Bürgerschaftswahl] nicht wieder
antreten will, erklärte er mit gesundheitlichen Gründen. Seine überwundene
Krebserkrankung habe ihn viel Kraft gekostet, sagte der 58-Jährige dem
Abendblatt und ihn darüber nachdenken lassen, „ob und wie ich weitermachen
will“.

16 Oct 2024

## LINKS
[1] /Wasserstoff-statt-Kohlekraft-in-Hamburg/!6028312
[2] /Hamburgs-neues-Klimaschutzgesetz/!5964821
[3] /Stickoxid-Werte-in-Staedten/!5775551
[4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-inneres-und-sport/themen/wahlen/buergerschaftswahl
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