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Christian Olearius ist 82 und stand wegen Steuerbetrugs mit
Cum-Ex-Geschäften seiner Hamburger Privatbank MM Warburg vor Gericht. Im
Juni hat das Bonner Landgericht das Verfahren gegen ihn [1][wegen
ernsthafter gesundheitlicher Probleme eingestellt] – ohne Frei- oder
Schuldspruch. Doch beim Blutdruck des Bankiers, mit dem die
Verhandlungsunfähigkeit begründet wurde, scheint noch Luft nach oben zu
sein: Am Montag stellte er Strafanzeige gegen Anne Brorhilker, die damalige
Staatsanwältin, die in ihn angeklagt hatte.
Olearius, ehemals Sprecher der Gesellschafter der Warburg-Bank, [2][musste
sich für Aktiengeschäfte verantworten], bei denen es allein darum ging,
Geld aus der Staatskasse zu stehlen. Die Bank ließ sich bei diesen
Cum-Ex-Geschäften um den Dividendenstichtag herum Kapitalertragssteuern
erstatten, die sie nie bezahlt hatte. Der Gesamtschaden solcher Geschäfte,
um die sich die Behörden lange Zeit nicht so recht kümmerten, wird allein
in Deutschland auf 10 Milliarden Euro taxiert.
Als sich das Hamburger Finanzamt 2016 anschickte, das Geld zurückzufordern,
ließ sich Olearius einen Termin beim damaligen Ersten Bürgermeister Olaf
Scholz (SPD) geben – den ersten von mehreren Terminen, die Scholz später
den Ruf einbrachten, an Amnesie zu leiden. Denn der heutige Kanzler kann
sich angeblich [3][nicht mehr an Details seiner Treffen mit dem Bankier
erinnern]. So stellte er es jedenfalls im Untersuchungsausschuss der
Hamburgischen Bürgerschaft dar. Dabei ging es um viel Geld und einen
wichtigen Finanzier in der Stadt: allein 2016 um 47 Millionen Euro, die die
offenbar klamme Bank dem Fiskus zurückerstatten sollte.
Auf eine erste Anfrage der Linken hin hatte Scholzens Senatskanzlei sogar
mitgeteilt, es habe gar keine Gespräche zwischen dem Bankier und dem
Bürgermeister gegeben. Blöd nur, dass die Staatsanwaltschaft bei einer
Razzia in der Bank [4][Olearius’ Tagebücher fanden], in denen er über die
Treffen berichtete.
## Im Guten wie im Schlechten verbunden
In seinem Strafprozess beteuerte Olearius seine Unschuld und berief sich
auf seine Unwissenheit. „Ich habe weder wissentlich noch willentlich an
strafbaren Cum-Ex-Geschäften mitgewirkt“, sagte er vor dem Landgericht. Er
sei vielmehr von legalen Aktienkaufverträgen ausgegangen. Manager der Bank
sind [5][wegen der Geschäfte verurteilt] worden.
Die Warburg-Bank ist der Stadt und ihrem Establishment im Guten wie im
Schlechten verbunden. Olearius half dem SPD-Senat, Teile des ehemals
gewerkschaftseigenen Wohnungsbaukonzerns Neue Heimat zu retten, ebenso wie
die Stahlwerke. Zuletzt trug er 2008 dazu bei, einen Verkauf der Reederei
Hapag Lloyd nach Asien zu verhindern und sie am Standort Hamburg zu halten,
was sich für die Stadt als sehr gutes Geschäft erwies.
Wie eng die Verbindungen sind, zeigt auch ein [6][Vorgang, der den
ehemaligen Mitherausgeber der Zeit, Josef Joffe], 2022 dazu bewog, sein Amt
bis zum Auslaufen seines Vertrages ruhen zu lassen. Ausweislich eines
Briefwechsels mit dem Bankier Max Warburg hat Joffe versucht, einen Bericht
über die Cum-Ex-Verstrickungen zu verzögern, und äußerte sich schockiert
über „Verräter“ aus dem Hause Warburg.
Olearius’ Anwälte werfen seiner ehemaligen Strafverfolgerin Brorhilker vor,
„vorsätzlich und bewusst unvollständige und falsche Sachverhalte zur
Grundlage ihrer Anklagen gemacht zu haben“. Insbesondere habe ein Kronzeuge
Olearius zu Unrecht belastet., Brorhilker hat inzwischen den Staatsdienst
verlassen und ist [7][zur Bürgerbewegung Finanzwende gewechselt].
Wie sich die juristische Offensive mit Olearius’ Blutdruck verträgt, muss
sein Arzt beurteilen.
5 Oct 2024
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