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Kürzlich schrieb ich an dieser Stelle: [1][„Döpdödödödöp, dödödöpdöpdöp!“]
Weil ich diese Zeile auch als Titel wählte, waren die fürs Internet
zuständigen Kolleg*innen nicht begeistert.
Sie zögerten, den Text mit dieser Überschrift ins Internet zu stellen. Ihre
Bedenken: Diese Kombination aus ö, d und p sei ein rechter Code geworden.
Glücklicherweise wurden sie schnell davon überzeugt, dass sie einem
Missverständnis unterlagen. Das Döpdöpdöp aus der Kolumne zitierte ein Lied
der holländischen Fußballfans. Sicher gibt es unter denen auch Rassisten,
und das Lied des Sängers Snollebollekes heißt „Links Rechts“. Mit
politischen Richtungen hatte das aber wenig, mit himmlischen Richtungen
dafür viel mehr zu tun: Während der EM hüpften die Oranjes zu diesem Lied
von links nach rechts.
Verwechselt hatten meine Kolleg*innen das holländische Döpdöpdöp mit dem
Döpdödödöp des 2001 zuerst veröffentlichten Elektrotrash-Hits [2][„L’amour
toujours“] der italienischen DJ-Legende Gigi D’Agostino.
## Schriftlich untersagt, den Song zu spielen
Seit auf Sylt das D’Agostino’sche Döpdöpdöp durch rassistische Zeilen wie
„Ausländer raus“ ersetzt wurde, gilt der Song hierzulande als verfemt,
verfeindet, verloren – jedenfalls unter vielen, die links von rechts
stehen.
Die Innenministerin verurteilte „aufs Schärfste“, Veranstalter wie die Uefa
untersagten das Abspielen des Lieds, Radiosender meiden es, und die
Forderungen, das Lied gleich ganz zu verbieten, waren so laut, das sich
Kulturstaatsministerin Claudia Roth gezwungen sah, öffentlich dagegen zu
argumentieren.
Der [3][Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner] (CSU, Referent für Arbeit und
Wirtschaft in München) hat Anfang der Woche den Oktoberfestwirten nun sogar
schriftlich untersagt, in ihren Festzelten das Lied „L’amour toujours“ zu
spielen.
Sicher, wir leben in einem freien Land, und jeder hat das Recht, seinen
Laden, sein Zelt, seine Party frei von rechten Parolen zu halten. Ich halte
es trotzdem für falsch, diesen supergeilen Partykracher den Rechten zu
überlassen, und sehe es wie der Berufsverband Discjockey („Wo sind wir
denn?“) und Gigi D’Agostino ([4][„Das Lied nicht zu spielen ist eine
explizite Absage an die Liebe“]).
Wo sind wir denn beziehungsweise was machen wir, wenn Rechte auf die Idee
kommen, zu Liedern von Adele, Daft Punk, Taylor Swift oder Snap rechte
Parolen zu singen? Geben wir die dann auch auf?
## Das „Sylter Lied“
Ende Mai berichtete die Berliner Polizei, am Rande einer
„propalästinensischen“ Demonstration singende Leute wegen des Verdachts
einer Straftat festgenommen zu haben. Sie hätten das „Sylter Lied“
gesungen.
Wow! So einfach machen wir es also den Rechten. Da reicht ein
Sommersaufgelage, und schwups ist das Lied tabu und gehört nicht mehr dem
Musikproduzenten Gigi D’Agostino, sondern den Syltern. Wäre ich Sylter,
würde ich mich gegen diese Vereinnahmung wehren. Zum Beispiel ein
Karaokezelt aufstellen, in dem jeder [5][seine ganz persönliche Version von
„L’amour toujour]s“ singen kann.
Die Leerfläche „döpdöpdöp“ ist doch eine Steilvorlage für eigene konkrete
Poesie. Und längst kursieren ja auch alternative Varianten zu dem
rassistischen Refrain. Unter denjenigen, die weit links von rechts stehen,
ist geradezu ein Wettbewerb ausgebrochen. [6][„Refugees welcome, Nazis aufs
Maul“], lautet eine der radikaleren Versionen.
Das ist der einzige Umgang, der sich bei kultureller Appropriation durch
die Nazis empfiehlt. Antifaschismus heißt: Reclaim your
Italo-Dance-Kracher. Wenn Helene Fischer, begleitet von den Alphornbläsern
Happy Bavarians und den Regensburger Domspatzen als Backing Vocal, ein
Döpdödödöp-Cover einspielen würde – es wäre der Sommerhit 2024. Und ein
antifaschistischer obendrauf.
10 Aug 2024
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