| # taz.de -- Verbot des Songs „L’amour toujours“: Den Falschen bestraft
> Den Song, der Vorlage für Rassisten auf Sylt bot, zu verbieten, löst das
> Problem nicht. Der Musiker Gigi D’Agostino hat mit den Nazis nichts
> gemein.
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Der Oktoberfestbetreiber ist dem Wunsch der Sylt-Touristen nachgekommen:
Der Ausländer ist raus. „Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten
Scheißdreck kein Platz“, sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner als Antwort
auf das Video feiernder Rassisten, die „Ausländer raus!“ gesungen hatten
auf die Beats des in den Spätneunzigern erschienenen Italodance-Songs
„L’amour toujours“.
Anstatt jedoch das Problem [1][rassistischer Parolen im öffentlichen Raum]
mit Bedacht anzugehen, entscheiden sich die Organisatoren des deutschen
Bierfestes für eine Kurzschlussreaktion: Ein Song mit französischem Titel,
der von einem Italiener komponiert wurde, der auf Englisch über Liebe
singt, wird verboten. So einfach ist das. Doch eine echte Lösung sieht
anders aus.
Mit dem Verbot eines Liedes, das Idioten umgedichtet haben, wird der
Falsche bestraft. [2][Gigi D’Agostino], der Musiker, distanzierte sich
deutlich von dem Sylt-Skandal. Die Leitung vom Oktoberfest gießt nun
zusätzlich Öl ins Feuer. Dem Rassismus wird das Verbot keinen Abbruch tun.
Wer sich von einem 25 Jahre alten internationalen Song distanziert,
distanziert sich damit nicht automatisch auch von Rechten oder von
Naziparolen.
Baumgärtners Entscheidung ist nichts weiter als scheinheiliges Marketing.
Schließlich bewirkt [3][das Verbot von „L’amour toujours“] keineswegs, dass
Nazis künftig nicht zu anderen Beats Hassbotschaften grölen werden. Soll
dann jeder Song, der von irgendwelchen Deppen instrumentalisiert wird,
verboten werden? Das gäbe denjenigen, die wirklich Rassismus verbreiten
wollen, zu viel Macht: umdichten, grölen und schon ist das Lied vom Tisch.
Nicht „L’amour toujours“ ist das Problem, sondern das vorhandene rechte
Gedankengut in den Köpfen einiger Deutscher. Daher sollte nicht Gigi
D’Agostino als Sündenbock herhalten müssen. Stattdessen sollten die
Festbetreiber sich überlegen, wie sie in einigen Monaten den Rassismus von
den Bierzelten fernhalten können – sei es mit mehr Sicherheitspersonal,
Hausverboten oder Schulungen für die Angestellten.
28 May 2024
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