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Berlin taz | Es ist ein Rechtsbruch mit Ansage: Bundesverkehrsminister
Volker Wissing (FDP) will kein Sofortprogramm für den [1][Klimaschutz]
vorlegen. Laut Klimaschutzgesetz hätte er das bis Montag tun müssen,
[2][weil das Verkehrswesen im vergangenen Jahr zu viel Treibhausgas
verursacht] und so die Erderhitzung angetrieben hat.
Dieses Prinzip der sofortigen Kurskorrektur in solch einem Fall hebt die
Ampel zwar mit einer Reform auf – in Kraft ist diese aber noch nicht. Das
Verkehrsministerium verweist trotzdem schon darauf: „Die Vorlage eines
Sofortprogramms, welches nicht den Anforderungen dieser neuen Rechtslage
entspricht, halten wir vor dem Hintergrund des unmittelbar bevorstehenden
Inkrafttretens der Novelle für nicht zielführend“, sagte ein Sprecher des
Ministeriums der taz.
Die neuen Anforderungen werden dabei nicht stärker, sondern tendenziell
schwächer sein. So werden die CO2-Grenzwerte, die das Klimaschutzgesetz für
verschiedene Wirtschaftssektoren und jedes Jahr festlegt, praktisch
bedeutungslos.
Stattdessen soll die ganze Bundesregierung für Klimaschutz im Gesamten
verantwortlich sein – und will dabei sektoren- und jahresübergreifend
vorgehen. Eine Verfehlung in einem Bereich kann also theoretisch durch die
Übererfüllung in einem anderen ausgeglichen werden. In der Praxis fehlen
dafür allerdings die Spielräume.
## Steinmeier unterschreibt umstrittene Reform
Wenn die Rechnung nicht aufgeht, muss die Regierung ihrer neuen Reform nach
aber trotzdem kein Sofortprogramm mehr aufsetzen. Das ist erst nötig, wenn
die jährlichen Prognosen zweimal in Folge ergeben, dass eine Erreichung des
Klimaziels 2030 nicht mehr gewährleistet ist.
Klimaschützer*innen ist das viel zu unverbindlich. Damit einher gehe
das Risiko, „dass wichtige Klimaschutzmaßnahmen weiter auf die lange Bank
geschoben werden, weil Verantwortlichkeiten verwässert wurden und Pflichten
zur Nachsteuerung nun zu lange Fristen haben“, heißt es zum Beispiel beim
Umweltverband WWF.
Erst am Montag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Reform
des Klimaschutzgesetzes unterschrieben. Jetzt muss sie noch im
Bundesgesetzblatt erscheinen. Nach einer mehrtägigen Frist tritt sie dann
in Kraft – so lange gilt das alte Gesetz. Klimaschützer*innen hatten
an Steinmeier appelliert, der Reform nicht zuzustimmen. Der Bundespräsident
kann einem Gesetz die Unterschrift verweigern, wenn er offenkundige
verfassungsrechtliche Bedenken hat. Steinmeiers Prüfung dauerte im Fall des
Klimaschutzgesetzes Monate, das ist unüblich lange.
Für den Fall, dass der Bundespräsident doch unterschreibt, hatten
[3][mehrere Umweltverbände und Klimaaktivist*innen bereits Klagen
angekündigt], darunter Luisa Neubauer von Fridays for Future. Sie gehen
davon aus, dass die Reform verfassungswidrig ist – und wollen vor das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen.
Im vergangenen Jahr war in Deutschland nicht nur der Verkehrssektor zu
klimaschädlich gewesen, sondern auch der Gebäudesektor. Während bei der
Mobilität die vielen Verbrennerautos das Hauptproblem sind, geht es bei den
Gebäuden vor allem um die noch hauptsächlich fossilen Heizungen. Das
Bundesbauministerium von Klara Geywitz (SPD) antwortete bis
Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage der taz, ob es ein Sofortprogramm
vorlegen werde.
15 Jul 2024
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