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Lauchhammer in der [1][brandenburgischen Lausitz], knappe 14.000 Einwohner,
die Beinahe-Großstadt Cottbus ist 50 Kilometer entfernt. Jahrhundertelang
hielt eine starke Industrie die Region am Leben: Gießereien, bereits ab dem
18. Jahrhundert Kohleabbau, 1912 wurde hier dann die erste
Hochspannungsleitung Europas gebaut.
Doch dann kam erst die Wiedervereinigung und dann der Kohleausstieg,
Struktur- genauso wie Klimawandel. Heute, so vermittelt es die Serie
„Lauchhammer – Tod in der Lausitz“, hängen die älteren Menschen hier der
Vergangenheit hinterher, während die jüngeren im Idealfall das Weite
suchen.
Auch die Schülerin Ramona wollte weg, raus aus dem verwahrlosten Elternhaus
mit der drogensüchtigen Mutter und raus aus dieser alles andere als
blühenden Landschaft, die die von Till Franzen inszenierte und von Frauke
Hunfeld und Silke Zertz geschriebene Serie in ausgeblichenen Farben zeigt.
Doch dann liegt sie, gleich zu Beginn, tot am Ufer, erkennbar nicht eines
natürlichen Todes gestorben.
Aus Cottbus kommt das LKA, zuständig sind der aus Lauchhammer stammende
Ermittler Maik Briegand (Mišel Matičević) und seine neue Kollegin Annalena
Gottknecht (Odine Johne). Er verliert nie zu viele Worte und kennt Ort und
Bewohner*innen wie seine Westentasche, sie ist die hochmotivierte Neue,
die Wert auf Gründlichkeit und klare Ansagen legt. Dass sie es mit einem
Mordfall zu tun haben, in dem es viele Verdächtige und womöglich auch noch
andere Opfer gibt, erkennen beide schnell.
## Klischees inklusive
Es wird dann tatsächlich viel aufgefahren in den sechs Episoden von
„Lauchhammer“, von denen jede mit einem ominösen Off-Kommentar beginnt, der
bedeutungsschwer klarmacht, dass hier jemand so gar nicht zufrieden ist mit
den Realitäten des 21. Jahrhunderts und entsprechend auf Rache sinnt.
Grummelige Einheimische und örtliche Polizisten mit womöglich nicht immer
blütenreiner Vergangenheit, junge Öko-Aktivisten und ein Fremder im Wald,
ausländische Drogendealer und Immobilienspekulanten aus dem Westen,
familiäre Verquickungen aller Art sowie für Briegand eine Ex-Frau samt
Tochter und für Gottknecht eine mögliche Affäre im Kollegium – an Personal
und Handlungssträngen spart die Serie nicht. Und da sind regelmäßige
Rückblenden, sogar in die Zeit vor dem Mauerfall, noch gar nicht
mitgezählt.
Praktisch jeder ist verdächtig in diesem Szenario, und das thematische
Feld, das hier zwischen polnischer Grenze und Braunkohlerevier bestellt
wird, ein ausgesprochen weites. Von dunklen Stasimachenschaften und den
Folgen der Wiedervereinigung [2][bis hin zu Fridays for Future, Incels] und
gendergerechter Sprache bleibt kaum etwas unverhandelt, doch um wirklich
tief zu schürfen, ist das doch alles ein bisschen zu viel des Guten,
Klischees inklusive. Zumal es ja auch noch einen Kriminalfall zu klären
gibt, der seinerseits von Folge zu Folge immer weitere Kreise zieht.
Als sehenswertes Panorama einer irgendwie der Vergessenheit preisgegeben
Region im Osten Deutschlands (Kamera: Felix Novo de Oliveira) funktioniert
„Lauchhammer – Tod in der Lausitz“ dann aber doch, auch weil Regie und Buch
atmosphärisch dichte Spannung aufzubauen wissen. Vor allem aber überzeugen
die Schauspieler*innen, selbst wenn die Dialoge mal schwächeln. Matičević
ist stark wie immer, Johne – die auch nach über 15 Jahren im deutschen
Fernsehen irgendwie noch als unverbrauchtes Gesicht durchgeht – ihm absolut
ebenbürtig. Und um sie herum besticht das Ensemble durch Klasse bis in die
kleinsten Rollen, von Marc Hosemann und Jacob Matschenz bis Uwe Preuss oder
Thelma Buabeng.
7 Sep 2022
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