# taz.de -- Steigende Infektionszahlen und die Uefa: Preis des Hedonismus

> Die Uefa bekommt nun massiven Gegenwind für ihre Pandemiepolitik. Wie
> sehr Fußball Infektionstreiber ist, bleibt allerdings unklar.
Nachdem anfangs vor allem ritualisiertes Stirnrunzeln dominierte, wird es
ungemütlicher für die Uefa rund um die Covid-EM. Die WHO hat sie nun für
den Anstieg der Infektionszahlen in Europa verantwortlich gemacht und sich
„eindeutig besorgt“ geäußert. Und auch Innenminister Horst Seehofer hat
seine kritische Haltung entdeckt. „Absolut verantwortungslos“, so Seehofer
[1][zu den 60.000 ZuschauerInnen, die Halbfinals und Finals im Hotspot
London sehen dürfen.] „Ein Sportverband sollte schon klar erklären: Wir
wollen das nicht, wir reduzieren die Zuschauerzahl.“ Der Kommerz dürfe
„nicht den Infektionsschutz für die Bevölkerung überstrahlen“.

Das fällt ihm spät ein. Dass die Uefa keine Rücksicht auf lokales
Infektionsgeschehen nehmen würde, war spätestens klar, seit sie die
verantwortungsbewussteren Standorte zu Zuschauer-Garantien erpresste. Weil
die Staaten aber ein ureigenes Interesse an der Ausrichtung hatten, war es
auch während des Turniers mit Kritik lange Zeit nicht weit her. „Es ist
nicht völlig auszuschließen, dass Veranstaltungen und Versammlungen
letztlich zu einer lokalen Erhöhung der Fallzahlen führen könnten“, räumt
selbst die Uefa ein. Und behauptet im gleichen Zug unbelegt, durch
Impfkampagnen und Grenzkontrollen werde es zu keiner großen Welle kommen.

Welche Rolle volle Stadien und Public Viewing wirklich als
Infektionstreiber spielen, ist unklar. Bislang gibt es vor allem
aufsehenerregende Einzelmeldungen: [2][2.000 infizierte SchottInnen] hier,
300 infizierte FinnInnen dort. Auch in Budapest und Kopenhagen wurden
Einzelne nach dem Spiel positiv getestet. Nach zehnwöchigem Rückgang
steigen die Zahlen in Europa erstmals wieder, was aber auch maßgeblich auf
die Urlaubszeit zurückgehen dürfte. Dort bewegen sich ganz andere
Menschenmassen, die nur nicht so eindrückliche Bilder liefern. Am
Stadiontor etwa der vollbesetzten Puskás-Arena in Budapest wird zumindest
von allen Fans ein Test verlangt.

Das Netz ist aber arg löchrig, denn ob in der Stadt, Kneipe oder Metro, man
kann sich überall anstecken, auch vorab. Masken trägt eh keiner. Und nicht
alle gut frequentierten Billig-Airlines dieses Reisesommers fielen durch
besonders ehrgeiziges Prüfen der Tests auf.

Laut einer noch unveröffentlichten Studie, die die Deutsche Welle zitiert,
führten Spiele der Männer-Bundesliga mit vielen ZuschauerInnen zu einem
deutlichen Anstieg der Neuinfektionen, vor allem bei wenig Maskennutzung.
Ein im Text zitierter Experte hält dennoch die Wahrscheinlichkeit für
gering, dass die EM Infektionen stark antreibe, dafür seien die
Gesamtzahlen potenziell infizierter Fans zu niedrig.

Italien jedenfalls hat die Tickets für britische Fans zum Viertelfinale am
Samstag schon annulliert. Die deutsche Debatte bleibt dabei oft starr in
zwei Fronten verhaftet. Die einen erheben Infektionsschutz über alles, die
anderen fordern Hedonismus, denn so schlimm sei das Virus schon nicht.
Andere Länder haben das viel besser verstanden: Hedonismus und Gemeinschaft
kann man sehr gut weiter pflegen, man zahlt eben nur einen Preis. Der ist
nicht billig.

2 Jul 2021

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## AUTOREN
Alina Schwermer
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Darf das denn wirklich wahr sein? Ein Pro und Contra.