# taz.de -- Schlaf- und Liegewagen in Deutschland: Nachtzüge werden weniger und teurer

> Die Österreichischen Bundesbahnen übernehmen nur sechs Nachtzugstrecken
> von der Deutschen Bahn. 300 DB-Mitarbeiter verlieren ihre Stelle.
Berlin taz | Das klassische Nachtzugangebot in Deutschland wird ab 11.
Dezember ungefähr halbiert und für viele Fahrgäste teurer – aber es gibt
künftig auch im Liegewagen ein kostenloses Frühstück. Das haben am Freitag
die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in Berlin [1][bekannt gegeben]. Sie
übernehmen zusätzlich zu ihren zwei bestehenden sechs Strecken der
Deutschen Bahn (DB), die sich aus dem Geschäft zurückzieht. Nun verlieren
knapp 300 Zugchefs und andere DB-Mitarbeiter ihre derzeitigen Stellen.
Nachtzüge mit Schlaf- und Liegewagen sind auf mittleren und langen
Verbindungen eine der wenigen umweltfreundlichen, aber komfortablen
Alternativen zum Flugzeug.

Die DB [2][kündigte zwar an], zum Fahrplanwechsel auf vier zusätzlichen
Strecken Intercity-Züge (IC) fahren zu lassen – unter anderem
Basel–Köln–Hamburg. Zudem sollen am späten Abend oder frühen Morgen drei
neue ICE- beziehungsweise IC-Verbindungen, etwa zwischen Frankfurt und
Amsterdam sowie Ulm und München, angeboten werden. Aber diese Züge haben
nur Sitzplätze.

Klassische Nachtzüge werden die ÖBB unter der Marke „Nightjet“ in Zukunft
von Düsseldorf, Hamburg und München nach Wien, Zürich, Innsbruck, Venedig,
Rom oder Mailand schicken. Auf vier dieser Strecken werden auch Autos und
Motorräder befördert, etwa zwischen Hamburg und Wien. Wegfallen werden die
bislang von der Deutschen Bahn angebotenen Schlafwagenzüge zum Beispiel
zwischen Köln und Prag, Köln und Warschau oder von Amsterdam nach München.

Auf den verbleibenden Verbindungen gilt der [3][ÖBB-Tarif], was auch
bedeutet: Die deutsche Bahncard bringt keinen Rabatt. Ein Liegewagenplatz
im 6-Bett-Abteil kostet nun nach dem „Sparschiene“-Angebot der ÖBB
mindestens 59 Euro statt wie [4][bislang bei der DB 39 Euro]. Wer vor oder
nach einem Nachtzug die DB nutzen will, braucht einen Anschlussfahrausweis,
den es aber nur in Kombination mit dem österreichischen Normalpreis gibt.
Von den Mehrkosten könnte man gleich für mehrere Personen das Frühstück
bezahlen, das ab Dezember im Fahrpreis inklusive ist. DB-Tarife sollen nur
noch während einer einjährigen Übergangszeit angeboten werden.

Darüber hinaus wird es weniger Fahrradstellplätze in den Nachtzügen geben:
Lediglich noch 6 statt wie je nach Zug bisher 8 bis 30.

„Wir werden unsere Arbeitsplätze verlieren“, sagte Joachim Holstein,
Sprecher des Wirtschaftsausschusses beim Gesamtbetriebsrat der Firma DB
European Railservice, die das Personal auf den Nachtzügen der Deutschen
Bahn stellt. Nach Verhandlungen von Unternehmensführung und Betriebsräten
liege ein unterschriftsreifer Sozialplan vor. Wer den Konzern verlässt,
werde niedrige Abfindungen erhalten. Für die anderen Mitarbeiter würden
neue Stellen bei der Bahn gesucht. „Aber die Vermittlungschancen sind
schlecht“, so Holstein zur taz. Wer nicht vermittelt werde, bekomme
deutlich weniger Geld als in seinem alten Job. Eine DB-Sprecherin erklärte,
dass man mit den Mitarbeitern über Lösungen rede.

Die DB gibt die Nachtzüge auf, nachdem sie trotz guter Auslastung etwa 2015
rund 31 Millionen Verlust eingefahren hatten. Die ÖBB dagegen rechnen
damit, dass sie mit ihrem erweiterten Nachtzugangebot nun sogar ihren
Betriebsgewinn erhöhen werden.

7 Oct 2016

## LINKS
[1] http://presse.oebb.at/de/presseinformationen/oebb-weiten-nachtreisezug-angebot-in-deutschland-aus
[2] http://www.deutschebahn.com/de/presse/pressestart_zentrales_uebersicht/12298918/p20161007.html
[3] http://www.oebb.at/de/angebote-ermaessigungen/nightjet-tarife
[4] https://www.bahn.de/p/view/angebot/nachtzug/preise.shtml
## AUTOREN
Jost Maurin
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