# taz.de -- Kampf gegen rechts: Faesers Brandmauer

> Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellt ein 13 Punkte umfassendes
> Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vor. Nicht alles davon ist neu.
BERLIN taz | [1][Seit Wochen gehen Hunderttausende Menschen für den Schutz
der Demokratie auf die Straße], nun macht auch Bundesinnenministerin Nancy
Faeser (SPD) noch einmal einen Aufschlag gegen Rechtsextremismus. Am
Dienstag präsentierte sie in Berlin ein neues Paket an Gegenmaßnahmen.

„Wir wollen alle Instrumente des Rechtsstaats nutzen, um unsere Demokratie
zu schützen“, erklärte Faeser. Dass momentan so viele Menschen gegen Hass
protestierten, sei für die Ministerin „Ermutigung und Auftrag zugleich“.
Man wolle der rechtsextremen Szene weiter mit „Prävention und Härte“
begegnen und diese wie die Organisierte Kriminalität behandeln. „Jeder
Verstoß muss konsequent geahndet werden“, so Faeser. Der Rechtsextremismus
bleibe die größte Gefahr für die Demokratie.

[2][Schon im März 2022, kurz nach ihrem Amtsantritt, hatte Faeser ein
erstes Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vorgelegt], zehn Punkte
umfassend: von der Verschärfung des Waffenrechts bis zu mehr politischer
Bildung. Das neue Paket kommt nun auf 13 Punkte – einige bekräftigen
Bekanntes, andere sind neu. „Wir legen noch mal eine Schippe drauf“, so
Faeser.

So sollen verstärkter Ein- und Ausreisesperren gegen Rechtsextreme verhängt
werden, um deren internationale Vernetzung zu erschweren. Auch soll das
Bundesamt für Verfassungsschutz seine Informationen intensiver mit Behörden
teilen, um diese für rechtsextreme Netzwerke zu sensibilisieren. Besser
eingedämmt werden sollen auch die Finanzströme der Szene. Faeser hält hier
die Hürde für den Verfassungsschutz, bisher nur bei einem Verhetzungs- und
Gewaltbezug tätig werden zu können, zu hoch. Stattdessen soll mit einer
Gesetzesänderung künftig ein „Gefährdungspotenzial“ reichen. Auch soll der
Geheimdienst leichter Auskunft erhalten, wo Rechtsextremisten Girokonten
halten.

## Früherkennungseinheit gegen Desinformation

Zudem schließt sich Faeser der Forderung an, das Bundesverfassungsgericht
mit einer Grundgesetzänderung besser vor möglichen autoritären
Einflussnahmen zu schützen – hierzu sind bereits die Ampel-Fraktionen im
Bundestag im Gespräch. Und im Innenministerium wird eine
„Früherkennungseinheit“ aufgebaut, die ausländische
Desinformationskampagnen aufspüren soll – eine Weiterentwicklung der dort
bisher tätigen AG Hybrid. Die Größe der Einheit und das genaue Vorgehen
ließ Faeser indes offen.

Andere Punkte standen dagegen schon in Faesers erstem Plan. So betont die
Innenministerin erneut, dass Verbote gegen rechtsextreme Gruppen
„fortlaufend geprüft“ würden – so wie bei [3][der Artgemeinschaft] und den
[4][Hammerskins] zuletzt schon vollzogen. Auch verweist Faeser nochmals auf
die Gesetzesreform ab dem 1. April, mit der Verfassungsfeinde schneller
aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden sollen. Oder auf die Anfang des
Jahres gegründete Ansprechstelle zum Schutz von Kommunalpolitiker*innen.

Auch die politische Bildung wird gestärkt werden, etwa im Bereich
Antisemitismus oder im Sport. Zudem weiter ausgebaut werden soll die
Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim BKA. Laut der
Polizeibehörde wurden dort seit Einrichtung im Juni 2021 gut 19.300
Meldungen übermittelt – rund 83 Prozent seien tatsächlich strafrechtlich
relevant gewesen. 77 Prozent wurden einer örtlich zuständigen
Strafverfolgungsbehörde übergeben, in 11 Prozent der Fälle befanden sich
die Verfasser im Ausland.

Andere jetzt erneut präsentierte Projekte verhakelten sich zuletzt in der
Ampel. So pochte Faeser darauf, endlich das Waffenrecht zu verschärfen, zu
dem sie schon Anfang 2023 einen Gesetzentwurf vorlegte. „Wir dürfen nicht
auf weitere Straftaten warten.“ Die FDP aber lehnt die Reform ab und
argumentiert, es brauche keine Verschärfung, nur eine bessere Umsetzung der
Regeln. BKA-Präsident Holger Münch pflichtete Faeser indes am Dienstag bei:
Jede Waffe weniger bei Extremisten bedeute mehr Sicherheit.

## Politische Straftaten auf Höchststand

Faeser appellierte auch, das Demokratiefördergesetz endlich zu
verabschieden. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) macht hier derzeit
Druck. Zwar einigte sich das Kabinett bereits, [5][aber die FDP-Fraktion im
Bundestag blockiert]. Sie fordert die Wiedereinführung einer
Extremismusklausel, mit der Projekte ihre Verfassungstreue unterschreiben
sollen – was diese als Generalverdacht ansehen. Auch warnen die Liberalen,
dass mit dem Gesetz nicht Initiativen gefördert werden dürften, die
legitime politische Kritik „bekämpfen“ würden.

Anderen von Faesers Punkten drohen zudem praktische Probleme: So dürfte die
Verhängung und Kontrolle von Ein- und Ausreisesperren für Rechtsextremen
eine rechtliche und praktische Mammutaufgabe werden. Schon das Verfahren
gegen den österreichischen Identitären Martin Sellner, der in Potsdam und
anderswo zuletzt mit seinem „Remigrationsplan“ hausieren geht, zieht sich.
Die Stadt Potsdam hatte eine Einreisesperre angestoßen, Sellner dies aber
sogleich mit einer Fahrt nach Passau PR-mäßig ausgeschlachtet. Dort wurde
er an der Grenze kontrolliert, aber letztlich durchgelassen. Für Mittwoch
war Sellner zudem für einen rechtsextremen „Aschermittwoch“ in Ronneburg
bei Gera ankündigt. Ob er tatsächlich eine Anreise plant, blieb offen.

Faeser zeigte sich auch für einen Kabinettsausschuss zum Kampf gegen
Rechtsextremismus offen, wie es ihn bereits in der Vorgängerregierung gab
und wie ihn zuletzt Familienministerin Paus eingefordert hatte. Auch
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang betonte, man müsse
Rechtsextremen „enttarnen“ und ihnen die Räume streitig machen. Mit Blick
auf die AfD erklärte er, dass hier zuletzt die Grenzen zwischen der
Gesellschaftsmitte und Rechtsextremen „verschwimmen“. Die Partei selbst
ignoriere eigene Unvereinbarkeitsbeschlüsse zu rechtsextremen Gruppen.
Haldenwang warnte, dass das zuletzt stetig gestiegene rechtsextreme
Personenpotenzial, das zuletzt bei 28.800 lag, zuletzt weiter angewachsen
sei. Auch BKA-Präsident Münch warnte, dass die Zahl der politischen
Straftaten im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht habe – genaue
Zahlen würden demnächst vorgelegt.

Aktualisiert am 15.02.2024 um 17:45 Uhr. d. R.

13 Feb 2024

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## AUTOREN
Konrad Litschko
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