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Geschichte: Die Wurzeln der Gothia reichen bis 1877 zurück, zur
Burschenschaft wandelte sie sich 1921. Während der NS-Zeit firmierte sie
als Kameradschaft, ab 1950 konstituierte sie sich neu. Trotz direkter
räumlicher Nähe zur Freien Universität ist sie wegen des Verbots des
öffentlichen Werbens oder Tragens der Couleur an Berliner Unis kaum präsent
(Gothia: orange-weiß-schwarz).
Ausrichtung: Als reiner Männerbund, der Tradition der Mensur, also des
verpflichtenden Fechtkampfs folgend, gehört sie zu den ultrakonservativen
Burschenschaften. Politisch ist sie der „Neuen Rechten“ zuzuordnen, jenem
Milieu, das sich auf die völkische Denkschule der „Konservativen
Revolution“ bezieht. Motto: „Furchtlos und beharrlich“.
Sitz: Ihr Verbindungshaus, in dem schon NSDAP-Funktionäre ein und aus
gingen, befindet sich in der Königstraße in Zehlendorf. Das Gothenhaus ist
eine Gründerzeitvilla mit einem, laut Zeit-Reportage, „lustlos
eingerichtetem Partykeller“. Um ihre 16 Zimmer zu füllen, wirbt die Gothia
um Opfer des Berliner Wohnungsmarktes: „Deine Suche nach mehr als einem
Zimmer endet hier!“
Struktur: Die Finanzen und Infrastruktur der Studentenverbindung werden von
der eingetragenen „Vereinigung Alter Gothen“ verwaltet, in die die ehemals
studentischen Burschen aufsteigen – denn es gilt: lebenslange Treue. Seit
1981 unterhält die Gothia die Schülerverbindung Iuvenis, gegründet am
Lichterfelder Lilienthal-Gymnasium.
Verbindungen: Die Gothia ist im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB)
geblieben, hatte dort gar 2016 den Vorsitz inne, während sich viele andere
Burschenschaften aufgrund des strammen Rechtskurses (Debatte um einen
„Ariernachweis“) zurückzogen. Eng verzahnt ist man mit dem
Schießsportverein Berlin Südwest, dessen Vorstand aus Gothen gebildet wird.
Die Burschen haben damit Zugang zu Waffen und Schießtrainings. Eine im
Gothenhaus angesiedelte Reservistenkameradschaft wurde dieses Jahr durch
den Reservistenverband aufgelöst.
Aktivitäten: Das Gothenhaus dient als Veranstaltungsort für alle relevanten
Akteure der rechtsextremen Szene, vom ehemaligen „Institut für
Staatspolitik“ um Götz Kubitschek über die Identitäre Bewegung bis hin zur
AfD, die schon 2016 zum Grillbuffet lud. Auf burschenschaftlichen Abenden
wird über Verschwörungsmythen wie den „Great Reset“ diskutiert, als Gäste
traten etwa der Brandenburger AfD-Chef Hans-Christoph Berndt oder auch
Horst Mahler auf.
Mitglieder: Während im Gothenhaus in den vergangenen Jahren zwischen 7 und
9 Personen gemeldet waren, werden der Gothia insgesamt 100 bis 150
Mitglieder zugerechnet. Laut dem [1][Antifaschistischen Infoblatt]
entstammen die Mitglieder „dem Milieu eines wohlhabenden Berliner
Rechts-Konservatismus“. Mitglieder arbeiten „für einflussreiche
Wirtschaftsverbände, sind bei der Bundeswehr oder in den
Reservistenverbänden aktiv“. Oder aber auch im [2][Sicherheits]- und
[3][Besucherdienst] des Bundestages, wie eine taz-Recherche offenlegte.
CDU: In der Altherrenschaft üben aktive oder ehemalige CDU-Mitglieder eine
führende Rolle aus. Michael Büge, der aufgrund seiner Gothia-Mitgliedschaft
2013 als Staatssekretär der Senatsverwaltung für Soziales entlassen wurde,
machte ein Jahr darauf als Chef der Alten Gothen zwei weitere CDUler zu
Vorstandsmitgliedern: Mario Meusel und [4][Peter Kurth]. Letzterer legte
erst im Januar dieses Jahres sein Amt nieder, nachdem bekannt geworden war,
dass er [5][führende rechte Politiker und Aktivisten vernetzte]. Nun zeigte
sich: [6][Auch einen Verdächtigen der Neonazi-Gruppe „Sächsische
Separatisten“ kannte er über die Gothia und gab Geld für ein Hausprojekt in
Grimma].
Im Zuge von Kruths Rücktritt als Gothia-Chef trat CDU-Innenexperte Robbin
Juhnke aus der Schülerverbindung Iuvenis aus. Die Liste weiterer CDUler ist
lang: Dazu gehört etwa der Anwalt Eckart Johlige, Vorsitzender der Nauener
Stadtverordnetenversammlung.
AfD: Im vergangenen Jahrzehnt kamen insbesondere Kader der AfD und der
Jungen Alternative (JA), teilweise mit Überschneidungen zur Identitäten
Bewegung, zur Gothia, darunter mehrere ehemalige Berliner JA-Chefs wie
[7][Jörg Sobolewski], zuletzt Büroleiter des AfD-Europaabgeordneten
Maximilian Krah. Die Liste an Mitarbeitern in verschiedenen AfD-Fraktionen
ist lang, dazu gehören etwa Thorsten Elsholtz, Ex-Pressesprecher der
Berliner AfD-Fraktion, oder der ehemalige Sprecher der Bundes-AfD und
heutige Pressesprecher der Jungen Freiheit, Bastian Behrens.
13 Nov 2024
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