# taz.de -- Auswärtsschwache Dortmunder: Sehr beliebte Gäste

> Die ersatzgeschwächten Dortmunder leiten mit einer Roten Karte ihre
> Niederlage in Mainz selbst ein. Grundsätzliche Fragen werden nicht
> gestellt.
Vielleicht hat ihm der eigene Kapitän sogar als schlechtes Vorbild gedient.
Mit einem unrühmlichen Abgang war Emre Can bei der nächsten ernüchternden
Dienstreise von Borussia Dortmund insofern nicht allein, dass ihm später
Serhou Guirassy folgte. So wie der Anführer Can mit einer törichten Roten
Karte die Niederlage für [1][die schwarz-gelbe Notbesetzung beim FSV Mainz
05 (1:3)] einleitete, ließ Guirassy die Kollegen im Stich, als er am Ende
direkt in die Kabine trabte. Das restliche Team bedankte sich derweil artig
beim mitgereisten Anhang.

Erstaunlich, dass der Geduldsfaden der BVB-Fans hält. Bei Julian Brandt
schien er gerissen. Im Kabinengang artikulierte er seinen Unmut. „Ich weiß
nicht, wo das nächste Auswärtsspiel ist, aber es muss das Ziel sein,
irgendwann diesen Bann zu brechen, weil ich keinen Bock darauf habe, aus
irgendwelchen Städten ständig mit einer Niederlage im Gepäck nach Hause zu
fahren. Das geht mir auf den Sack.“ Auch Nationalspieler Pascal Groß
negierte nicht, dass die Diskrepanz viel zu groß ist: „Wir müssen diese
Aufgaben schleunigst von der Mentalität her genauso angehen wie die
Heimspiele. Jetzt gehen wir mit einem Scheißgefühl in die
Länderspielpause.“

[2][Ein mickriger Zähler aus fünf Bundesliga-Begegnungen] in der Fremde
sind eine fürchterliche Bilanz, dazu gesellte sich das Aus im DFB-Pokal
beim VfL Wolfsburg. „Wir haben die Auswärtsspiele schon mit voller Kapelle
und jetzt mit halber Kapelle nicht gezogen“, murrte der unzufriedene
Brandt. Der 28-Jährige wirkte heilfroh, dass ihn Julian Nagelsmann nach
einem Jahr Abstinenz nun mal wieder zur Nationalmannschaft berufen hat –
das bietet ab Montag in Frankfurt ein bisschen Ablenkung.

## Verkörperung von Mittelmaß

Sein in den spielerischen und personellen Mitteln arg limitierter
Arbeitgeber verkörpert gerade nur Mittelmaß. Mit kollektiven Kraftakten wie
in der Liga gegen RB Leipzig (2:1) und in der Königsklasse gegen Sturm Graz
(1:0) können zu Hause noch die grundsätzlichen Defizite übertüncht werden.

Wenn allerdings einer ausschert wie Can bei seiner von Schiedsrichter
Florian Badstübner (Nürnberg) sofort mit der Höchststrafe geahndeten
Attacke gegen Jae-Sung Lee (27.), kommt alles in Rutschen. Trainer Nuri
Sahin befand, das Spiel sei doch schnell erzählt: „Wir kriegen die Rote
Karte und dann wird es extrem schwer. Das war ein Gamechanger. Die Jungs
gehen auf der letzten Rille.“

Seine Kritik verpackte der 36-Jährige erst gar nicht in wohlfeile Worte:
„Emre darf da nicht so hingehen, das weiß er auch. Das muss er anders
lösen.“ Der 30-jährige Can erweist sich nicht zum ersten Male als
Sicherheitsrisiko. Auch Brandt kritisierte klar: „Er hätte den Gegner
einfach stellen sollen.“ Eines wollte er allerdings noch betont haben:
„Emre hat nicht drei Gegentore kassiert.“ Gleichwohl sei die Dezimierung
natürlich „ein Key-Punkt“ (Brandt) gewesen.

Der vom Can-Foul flott regenerierte Lee revanchierte sich mit seinem
Kopfballtor zum 1:0 (36.). Obwohl der Südkoreaner bald darauf im Übereifer
gegen Guirassy noch einen Elfmeter verursachte, den der Mittelstürmer in
seiner besten Szene verwandelte (40.), gingen die Hausherren gleich wieder
durch ihren vorbildlich schuftenden Kapitän Jonathan Burkardt in Führung
(45.+3). Ein Dortmunder Aufbäumen blieb in Unterzahl aus: Paul Nebel
besorgte für beschwingte Nullfünfer die Entscheidung (54.).

Erst danach erlöste Sahin den in die letzte Verteidigungslinie beorderten
Felix Nmecha, der sich auf ungewohnter Position mehr schlecht als recht
zurechtfand. Der Coach hatte sich nicht getraut, U23-Akteur Yanik Lührs als
letzten verbliebenen Innenverteidiger sofort einzuwechseln. Waldemar Anton
und Niklas Süle hätten ja nicht zur Verfügung gestanden, rechtfertigte sich
Dortmunds Trainer, um den es aber derweil noch keine Debatten geben soll.

„Wir sind selbstkritisch genug, um zu sagen, dass dies an der einen oder
anderen Stelle nicht unseren Ansprüchen genügt. Aber wir werden heute keine
Grundsatzdiskussion dazu starten“, stellte Sportchef Sebastian Kehl klar.
Man werde den Weg gemeinsam weitergehen und „versuchen, uns eine gute
Ausgangsposition zu verschaffen, um im Januar noch einmal neu anzugreifen“.
Anfang November liegt der Spitzenreiter FC Bayern bereits zehn Punkte
entfernt. Und es sind erst zehn Spieltage absolviert.

10 Nov 2024

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## AUTOREN
Frank Hellmann
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