|
Augsburg taz | Schon von den eigenen Fans waren die Spieler mit reichlich
Pfiffen bedacht worden, und auch die interne Kritik im Anschluss dürfte bei
manch einem Borussen nachhallen. Denn wohin man nach der 1:2-Niederlage
beim FC Augsburg auch lauschte, waren die Meinungen der Dortmunder vier
Tage nach der 2:5-Niederlage bei Real Madrid in der Champions League doch
ziemlich deutlich.
„Das ist absoluter Wahnsinn, wie wir hier Gegentore kassieren“, klagte
Trainer Nuri Sahin über die Einladungen seiner Mannschaft für Augsburgs
Doppeltorschützen Alexis Claude-Maurice. Zunächst durfte der Franzose bei
seinem Startelfdebüt ungestört von Nico Schlotterbeck und Kollegen durchs
Mittelfeld dribbeln und platziert abschließen. Später legte der
eingewechselte Kapitän Emre Can mit einer missglückten Abwehraktion
unfreiwillig perfekt für Claude-Maurice auf.
Sahin stellte nun einen Mangel an Bereitschaft fest: „Irgendwann geht es
nicht mehr um Taktik: Es geht darum, dein Tor zu verteidigen. Es geht
darum, den Willen zu zeigen, Zweikämpfe zu gewinnen, und da haben wir
gerade Schwierigkeiten.“ Das erinnerte an manch eine
[1][Mentalitätsdebatte], die in Dortmund in den vergangenen Jahren geführt
worden war. Er habe aber „nicht das Gefühl, dass die Mannschaft mich hängen
lässt“, ergänzte Sahin, vielmehr sei sie im Moment „zu verkopft“. Man müsse
wieder „mit Bauchgefühl Fußball spielen und nicht mit Kopfkino“.
## Fehlender Zusammenhalt
Es wirkt gerade einiges herbstgrau beim BVB, und es klang auch nicht gerade
beruhigend, dass [2][der dienstälteste Dortmunder Profi Julian Brandt] das
Miteinander vermisst. Gleich mehrere Bilder des Durcheinanders entwarf der
Mittelfeldspieler, der im sechsten Jahr für die Borussia kickt. Man müsse
wieder „von ganz vorne anfangen“, bei den „Basics“, empfahl Brandt. Derzeit
sei nach einem Rückstand „jeder mit sich selbst beschäftigt“, es fehle an
Struktur und sei „vogelwild“ zugegangen.
Der 28-Jährige sagte: „Ein Tau ist zusammen leichter zu ziehen als
alleine.“ Man müsste „synchron schwimmen“, aber das bekomme man nicht hin.
Und noch eine Metapher wählte Brandt, um seinen begrenzten Einfluss zu
erklären. Er sagte: „Du kannst als Führungsspieler versuchen, alle
zusammenzubringen. Wenn aber ganz viele Spieler oder alle nicht bei der
Sache sind, dann ist das wie beim Lehrer in der Unterrichtsklasse, wo alle
nur sabbeln. Da hört keiner zu.“ Folgt man Brandts Beschleuniger der
Debatten, geht es beim BVB gerade recht chaotisch zu. Vorsichtshalber
ergänzte er: „Ich vertraue dem Trainer hundertprozentig.“
Der erneute Rückschlag in Augsburg wog umso schwerer, weil die Gäste durch
Donyell Malens Führung in der vierten Minute perfekt gestartet waren. Drei
Niederlagen hat der BVB nun in vier Auswärtsspielen eingefahren. Passiert
sei das diesmal auch, weil man vorne „zu harmlos“ agiert habe, [3][monierte
Sportdirektor Sebastian Kehl].
„Wir werden erneut kritisch mit den Dingen umgehen“, sagte er. Anflüge
einer Trainerdebatte versuchte er schon deshalb sofort abzuwehren, weil sie
den 36 Jahre alten Sahin beim BVB zur Langzeitlösung erklärt haben, nachdem
er im Sommer die Verantwortung von Edin Terzic übernommen hat.
Zumindest von außen richten sich die Blicke aber zunehmend auf Sahin, dem
nach der 2:0-Pausenführung bei Real angelastet worden war, sich mit seinen
Personal- und Taktikwechseln vercoacht zu haben. „Wir marschieren gemeinsam
weiter und stehen komplett dahinter“, versicherte Kehl nun, das stehe
„außer Frage“. Vielmehr wolle er „die Jungs daran erinnern, was sie selber
an Anspruch formuliert haben“. Warum sie diesem auswärts in der Liga nicht
gerecht werden, vermochte Kehl ebenso wenig zu erklären wie Sahin. Zumal
der BVB zu Hause alle seine vier Ligaspiele gewonnen hat.
Schon am Dienstag sind die Dortmunder im DFB-Pokal erneut auswärts
gefordert – in Wolfsburg. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verteidiger
Waldemar Anton und Julian Ryerson sowie Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer
angeschlagen ausgewechselt werden mussten. Auch Innenverteidiger Niklas
Süle fehlt, er hatte sich bereits in Madrid verletzt. Zudem handelte sich
der eingewechselte Linksverteidiger Almugera Kabar, 18, bei seinem
Bundesligadebüt die gelb-rote Karte wegen wiederholten Foulspiels ein.
Auch das fügte sich ins aktuell trübe Auswärtsbild der Borussia.
27 Oct 2024
## LINKS
|