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Berlin taz | In ihren Reden könnten sich Donald Trump und Kamala Harris
kaum stärker unterscheiden: „Ich habe immer daran geglaubt, dass die
Klimakrise echt ist, dass sie drängend ist“, sagte Harris im Interview mit
CNN. Trump dagegen hält das Pariser Klimaabkommen, die Erderhitzung auf 1,5
bis höchstens 2 Grad zu begrenzen, für unnötig: „Das Paris-Abkommen hätte
uns Billionen gekostet. Es war Abzocke, und ich habe es beendet“, sagte
Donald Trump in der Fernsehdebatte mit Präsident Joe Biden im Juni.
Unter Trump hatten die USA das Pariser Klimaabkommen im November 2020
verlassen – nur um wenige Monate später unter Biden wieder beizutreten.
Während seiner Präsidentschaft versprach Biden, die USA würden ihre
Emissionen im Vergleich zu 2005 bis 2030 um 50 bis 52 Prozent reduzieren
und bis 2050 klimaneutral werden.
Wenn Trump gegen Harris gewinnt, sei das „der Pause-Knopf für den
Klimaschutz“, sagt Johan Rockström, Leiter des Potsdam-Instituts für
Klimafolgenforschung, „und das in einer Zeit, in der sich entscheiden wird,
ob wir die 1,5-Grad-Grenze einhalten werden oder nicht“.
Der wichtigste Teil von Bidens Klimapolitik [1][war der Inflation Reduction
Act IRA], ein Paket aus Steuervorteilen und vergünstigten Krediten, die
Investitionen in erneuerbare Energien, E-Autos und effizienteres Heizen von
Wohnhäusern anregen sollen. Diese Förderungen sind nicht gedeckelt,
Schätzungen kommen auf 400 Milliarden bis eine Billion US-Dollar
Subventionen.
## Auch Republikaner profitieren vom IRA
Trump hat den IRA als „grünen Schwindel“ bezeichnet und angekündigt, die
Gelder zu streichen. Auf dieser Grundlage hat die Denkfabrik CarbonBrief
fünf Studien ausgewertet, um den Effekt einer Trump-Präsidentschaft auf das
Klima zu errechnen. Im Jahr 2030 würden die USA demnach ohne IRA etwa 5
Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen, unter Harris 3,8 Milliarden Tonnen CO2.
Zum Vergleich: Japan hat jährliche Emissionen von 1 Milliarde Tonnen CO2,
die EU will ihre Emissionen von aktuell etwa 3 Milliarden Tonnen CO2 auf
etwas weniger als 2 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr 2030 reduzieren.
CarbonBrief geht in ihren Modellen davon aus, dass Trump den IRA abschaffen
wird. Dass es so weit kommt, ist aber eher unwahrscheinlich. Dafür
profitieren republikanische Politiker*innen zu sehr von den
Steuervergünstigungen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und
Industrie im Repräsentantenhaus zum Beispiel, der Republikaner Buddy
Carter, wurde in einem Wahlkreis in Louisiana gewählt, in dem Hyundai und
LG auch wegen der IRA-Subventionen für 7,6 Milliarden US-Dollar eine
E-Auto-Fabrik bauen. 80 Prozent der IRA-Gelder fließen in Wahlkreise, die
2020 republikanisch gewählt haben.
Unter einer Trump-Regierung würde der IRA sicherlich einiges an Schlagkraft
verlieren. Die Beratungsfirma Wood Mackenzie geht davon aus, dass zum
Beispiel E-Autos weniger gefördert werden. Trium Capital, ebenfalls ein
Beratungsunternehmen, vermutet aber, dass die Subventionen für Atomkraft,
Wasserstoff und CO2-Speicher weitgehend sicher vor Trump sind.
Davon profitieren auch fossile Öl- und besonders Gasunternehmen. Sie
bekommen Subventionen dafür, mit Erdgas Wasserstoff herzustellen. Und mit
den CO2-Speichern wollen sie ihre Klimabilanz aufbessern, ohne die
Gasförderung einzustellen.
## Harris will doch kein Fracking-Verbot mehr
Der IRA wird die Emissionen in den USA zwar verringern. Aber ob Trump oder
Harris: Die USA tun nicht genug, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu
begrenzen. Würden Harris und ihre Nachfolger*innen bis 2050 einfach
Bidens Klimapolitik weiterführen, wäre nicht wie versprochen
Klimaneutralität erreicht, sondern die US-Emissionen lägen immer noch bei
3,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr.
Dass Harris ambitionierter wäre als Biden, ist unwahrscheinlich. Im
Wahlkampf hat sie kaum über Klimaschutz gesprochen, auch keinen Klimaplan
vorgelegt. Die Demokraten sehen das Klima nicht als Gewinnerthema: In den
Staaten, in denen die Wahl knapp wird, halten 39 Prozent der
Wähler*innen Klimaschutz für „sehr wichtig“, aber nur 4 Prozent für das
wichtigste Wahlkampfthema. Das ergab eine Umfrage von Bloomberg.
Den IRA erwähnte Harris trotz des vielen Geldes für republikanische
Regionen im Wahlkampf nur selten, einmal während ihrer TV-Debatte mit
Donald Trump: „Ich war die entscheidende Stimme im Senat für den IRA“,
sagte sie und ergänzte: „Damit haben wir neue Pachtverträge fürs Fracking
erlaubt.“
Als Harris 2020 Präsidentschaftskandidatin der Demokraten werden wollte,
hatte sie noch ein Fracking-Verbot gefordert. Während ihrer Zeit als
Staatsanwältin in Kalifornien ist sie gegen fossile Unternehmen
vorgegangen, hat einen Pipeline-Hersteller verklagt und gegen Exxon Mobile
wegen Falschinformationen zum Klimawandel ermittelt. Und jetzt prahlt sie
mit neuen Fracking-Projekten?
Auch damit führt Harris die Politik Joe Bidens fort. Unter Biden wurde zwar
2023 erstmals mehr in erneuerbare Energien investiert als in fossile.
Trotzdem genehmigten Bidens Behörden mehr Öl- und Gasprojekte als unter
Trump. Nie haben die USA so viel Öl und Gas gefördert [2][wie in den
vergangenen vier Jahren]. Ein „Weiter so“ unter Harris würde also auch
nicht reichen, um die Erderhitzung [3][bei 1,5 Grad zu stoppen].
6 Nov 2024
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