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Köln taz | Der Blick auf die Tabelle am Sonntagmorgen dürfte Bayer
Leverkusen gefallen haben. Da war der Konzernklub dank des knappen
2:1-Sieges im Rheinderby gegen Köln sensationell auf den zweiten Platz
gesprungen und rangierte nur einen Punkt [1][hinter den Meisterinnen aus
München]. Natürlich, es war bloß eine Erinnerung zum Abfotografieren, denn
die Konkurrenz hatte ja noch nicht gespielt. Am Montag treffen Bayern
München und Eintracht Frankfurt zum Duell um die Tabellenspitze
aufeinander, und ein paar Takte mitreden will auch noch der VfL Wolfsburg,
der am Sonntag (nach Redaktionsschluss) spielte.
Vier Teams dicht an dicht, davon drei mit Chancen auf die Tabellenführung?
Das gab es lange nicht im Bayern-Wolfsburg-Dominanzland. Üblicherweise
haben sich zu dieser Zeit die beiden Titaninnen längst abgesetzt. Und es
gab Jahre, da entschied allein die Partie Bayern–Wolfsburg über den Titel,
weil eh fast niemand den beiden Teams Punkte abnehmen konnte. Diese Zeiten
sind vorbei. Wenngleich andere Meisterinnen vorerst unrealistisch scheinen.
„Wir haben sehr vieles unternommen, dass wir aus dem Mittelfeld der Tabelle
wieder eine Spitzenmannschaft geworden sind“, hat Frankfurts Trainer Niko
Arnautis vor der Saison gesagt. „Wir sind sehr nah herangekommen, aber
natürlich ist es noch ein bisschen Arbeit, um ganz oben dranzukommen.“
Mindestens Platz drei soll es für die Eintracht werden, manch eine traut
dem eingespielten Team aber auch den zweiten Platz zu. Im direkten Duell
besiegten die Frankfurterinnen den VfL Wolfsburg mit 3:0. Leverkusen
wiederum lag gegen Bayern zweimal in Führung und verlor spät und
unglücklich mit 2:3.
## Breitere Basis
[2][Die zweite Reihe ist in Schlagdistanz gekommen]. Weil sie ihr
Investment hochschraubt – aber auch, weil es eine breitere Basis an guten
Spielerinnen gibt. „Wir wollen den Abstand zu den Top vier verkürzen“, hat
Leverkusens neuer Trainer Roberto Pätzold ausgerufen. Eigentlich möchte
auch die chronisch unter Wert spielende TSG Hoffenheim auf einen
Champions-League-Platz. Und es ist kein Geheimnis, dass RB Leipzig
ebenfalls so bald wie möglich in die Königsklasse will. Ausgerechnet die
Investorenklubs wollen der Langeweile ein Ende setzen.
Der finanzielle und strukturelle Rückstand auf die beiden Topteams bleibt
allerdings gewaltig, am ehesten kommt Frankfurt heran. Und so können sich
die Verfolgerinnen diese Saison auch bei den äußeren Umständen bedanken:
Die Münchnerinnen wirken nach der extrem kurzen Sommerpause mit
Olympia-Belastung oft überspielt und wackeln vor allem in der Defensive.
[3][Und der VfL Wolfsburg] befindet sich nach den schmerzhaften Verlusten
von Oberdorf, Pajor und Janssen im Umbruch, womöglich auch in einem
sportlichen Niedergang. Glückliche Zeiten für aufstrebende Klubs.
Die größte Überraschung darunter ist Bayer Leverkusen. Bis 2008
interessierte man sich bei Bayer nicht im Geringsten für Frauenfußball,
dann pendelte das vom TuS Rechtsrheinisch übernommene Team lange zwischen
den beiden oberen Ligen. Erst in den letzten Jahren macht man ernster und
hat sich im oberen Mittelfeld etabliert.
Im Franz-Kremer-Stadion gegen leidenschaftliche Kölnerinnen ließ sich
zweierlei beobachten: Warum diese Saison so gut läuft – und wie groß die
Lücke zu den Spitzenteams noch ist. Leverkusen presste hoch, war extrem
fleißig in den Zweikämpfen und spielte punktuell wunderbare
Konterkombinationen. Gut eingekauft hat man außerdem: Die Dänin Cornelia
Kramer, die gleich doppelt traf, ihre Sturmpartnerin Caroline Kehrer und
die starke Rechtsverteidigerin Menglu Shen.
Aber die Spielkontrolle hatte Bayer nicht, immer wieder unterliefen
einfache Fehlpässe, zu weit vorgelegte Bälle, Ungenauigkeiten. „Wir waren
am Ende der etwas glücklichere Sieger“, räumte Trainer Pätzold ein, der an
der Seitenlinie derart getobt hatte, dass er auf die Tribüne verbannt
wurde. „Wir wollen ein unangenehmer Gegner sein, hoch pressen, Fehler
erzwingen. Das bringen wir schon gut auf den Platz. Aber oft“, so der
Coach, „waren wir mit nur einem Tor in Führung und mussten am Ende
leidenschaftlich verteidigen. Es fehlt uns noch, den nächsten Schritt zu
gehen: mit mehr Ballbesitz zu kontrollieren und ein Spiel auch mal mit 3:1
nach Hause zu bringen.“
Gut möglich also, dass sich die Tabelle im weiteren Saisonverlauf ins
übliche Bild verschiebt. Aber auch nicht ausgeschlossen, dass den
Frankfurterinnen am Montag in München ein Coup gelingt. Und allein, dass
man das für möglich hält, ist schon eine Neuigkeit.
3 Nov 2024
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