# taz.de -- Hamburger Ex-Linke gründen Liste: Immer mehr linke Angebote

> In Hamburg wollen drei frühere Linken-Abgeordnete mit einer neuen Liste
> in die Bürgerschaft. Ob sie Chancen haben, liegt auch daran, was das BSW
> tut.
Hamburg taz | Der 2. März wird für Hamburgs linkes Spektrum zunehmend zur
Nervenprobe. Wenn in der Stadt [1][das nächste Parlament] gewählt wird,
peilt die Partei Die Linke zwölf Prozent an, so bekundet es Bundes-Chef
[2][Jan van Aken], und sie will dafür in den Haustür-Wahlkampf ziehen. Ob
das [3][Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)] antritt, ist noch unklar, bis 24.
Dezember hat es Zeit, sich zu entscheiden.

Und nun stellt sich eine neue Wählervereinigung vor, gegründet von den
früheren Linken-Abgeordneten [4][Mehmet Yildiz] und [5][Martin Dolzer] und
Keyvan Taheri, auch Ex-Landeschef: „Die Wahl für Frieden und soziale
Gerechtigkeit“. Hamburg brauche eine politische Kraft, die „eine klare
Friedensposition vertritt“, heißt es in der Einladung zur Pressekonferenz
am Sonntagmittag: Auf der Elbe, an Bord eines Schiffs namens „Diplomat“,
sollen das Programm und weitere Akteure vorgestellt werden – Beginn ist um
fünf vor zwölf.

[6][Yildiz] und Dolzer traten im Januar aus der Linken aus. Es war im
Gespräch, ob die beiden [7][eine Bürgerschaftsgruppe] bilden würden
zusammen mit dem Ex-Genossen Metin Kaya; Der trat über zum BSW. Und
gegenüber diesem gehen Dolzer und Yildiz auf Distanz, vor allem wegen der
Aussagen Sahra Wagenknechts zur Migrationspolitik. Auch scheint das BSW
wählerisch: „Es machte auf mich den Eindruck, als wären ehemalige
Linken-Politiker nicht erwünscht“, sagt [8][Keyvan Taheri]. Er habe nach
seinem Linken-Austritt selbst einige Monate an der BSW-Gründung mitgewirkt,
sagt er, ohne Mitglied zu werden.

Nun starten die drei mit „Die Wahl“ ihre eigene Liste, die mit einem Wal im
Logo wirbt. „Wir sind eine oppositionelle Kraft und werden nicht weiter zur
Spaltung der Gesellschaft beitragen dadurch, dass wir einzelne Gruppen
ausgrenzen oder diffamieren“, sagt Dolzer. „Wir wollen keine einfachen
Lösungen für komplexe Probleme bieten. Die Migranten sind nicht Schuld an
der Wirtschaftskrise.“ Wichtig wäre, den Geflüchteten, die hier sind,
Aufenthalt und Arbeitserlaubnis zu gewähren und die Fluchtursachen wie
Kriege zu beenden. „Dafür müssen wir Rüstungsexporte stoppen und brauchen
diplomatische Kontakte auf Augenhöhe“, so der frühere Fachsprecher für
[9][Friedenspolitik].

„Wir wollen, dass keine Rüstungsgüter über den Hamburger Hafen rausgehen,
auch nicht in die Ukraine“, sagt Taheri. „Wichtig ist Diplomatie,
Diplomatie, Diplomatie – ohne den Angriffskrieg Russlands zu verharmlosen
oder eine Täter-Opfer-Umkehr.“ Seine Familie kommt aus Iran, das in den
1980ern Krieg gegen den Irak führte. „Ich wusste schon als Kind“, sagt der
1975 Geborene: „Krieg ist Wahnsinn.“ Die Hamburger Linkspartei ist seiner
Wahrnehmung nach gespalten, wenn es um Waffenlieferungen an die Ukraine
geht. „Sehr ärgerlich“ nennt er „die Diffamierung des Hamburger
Friedensforums als Putin-Versteher“ aus führenden Linken-Reihen.

Entfremdet, so Taheri, habe ihn auch das Eintreten der Hamburger
Linksfraktion für härtere Maßnahmen während der Coronapandemie. „Die Linke
argumentiert häufig sehr moralisch“, sagt er, „sodass der Meinungskorridor
verengter ist.“

Eng wird es durch die Neugründung möglicherweise, was die Repräsentation
des linken Spektrum in der Bürgerschaft angeht. Bei der [10][Europawahl im
Mai] bekam Die Linke in Hamburg knapp 5,1 Prozent, das BSW lag mit 4,9
Prozent dicht dahinter. „Die Wahl“ peilt fünf Prozent an, die nötig sind,
um als Liste in die Bürgerschaft zu kommen. Theoretisch können einzelne
Kandidaten über die 17 Wahlkreise einziehen: Das schaffte 2020 eine
FDP-Kandidatin, deren Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.

Dolzer zufolge repräsentiert die Liste eine bunte Mischung aus
Friedensinitiativen und Gewerkschaften, Kita-Personal und migrantischen
Communitys. Man sei basisdemokratisch und werde „keine Hintertürliste
erstellen, sondern eine ordentliche Wahlveranstaltung durchführen“, ergänzt
Taheri. Eine Wählervereinigung sei niedrigschwelliger als eine Partei. „Im
Rahmen unser politischen Leitplanken möchten wir auch Leuten, die im BSW
aktiv werden wollten und nicht aufgenommen wurden, eine Plattform bieten.“

Es hängt viel an der Frage, ob das BSW in Hamburg nun mitmischt oder nicht.
Noch hat das Bündnis hier nur 27 Mitglieder und nicht mal einen
Landesverband, so stand es gerade im Hamburger Abendblatt. Zuständig für
die Koordination vor Ort ist die Hamburger BSW-Bundestagsabgeordnete Zaklin
Nastic, die auf eine taz-Anfrage nicht reagierte. Im Juli hatte sie noch
bekundet, sie sei optimistisch, zur Hamburg-Wahl anzutreten. Nun erklärte
sie, man sei „in der Diskussion um einen möglichen Wahlantritt zur
Bürgerschaft“ – in Absprache mit dem Bund. Worauf hin die Zeitung titelte:
„[11][Kneift das Wagenknecht-Bündnis]?“

Metin Kaya vom BSW verneint das. Er wisse nicht, wann der Landesverband
gegründet wird, sagt der Ex-Linke der taz: „Antreten zur Wahl werden wir
auf jeden Fall.“

1 Nov 2024

## LINKS
[1] /Hamburger-Buergerschaft/!t5206857
[2] /Jan-van-Aken/!t5021441
[3] /BSW/!t5017764
[4] /Zerwuerfnis-bei-Hamburger-Linken/!5834269
[5] /Linksfraktion-in-Hamburg-verliert-Sitz/!6013626
[6] /Hamburger-Linke-verklagt-Ex-Abgeordnete/!6029984
[7] /Fraktionslose-in-Hamburger-Buergerschaft/!6014561
[8] /Mobbing-bei-der-Hamburger-Linken/!5866631
[9] /Hamburger-Volksini-ueber-Ruestungsexporte/!5851442
[10] https://www.bundeswahlleiterin.de/europawahlen/2024/ergebnisse/bund-99/land-2.html
[11] https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article407572562/kneift-das-wagenknecht-buendnis-bsw-vor-der-hamburg-wahl-im-maerz.html
## AUTOREN
Kaija Kutter
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tun.