# taz.de -- Schlachthof bei Oldenburg: Ort der Qual geschlossen

> Undercover-Videomaterial dokumentiert Zustände im Schlachthof Elsfleth in
> Niedersachsen. Tierschützer nennen das, was dort geschah, ein Massaker.
Osnabrück taz | Schlachthöfe sind Orte des Todes. Schön ist das nie. Aber
manche von ihnen sind unschöner als andere. Sie sind Orte der Qual, Orte
schockierender Gewalt. Die Tierrechtsorganisation Aninova bringt solche
Fälle ans Licht. Oft zeigt sich darin ein systemisches Problem: Die
veterinärmedizinischen Kontrollen sind unzureichend, wirkungslos.

Derzeit [1][hat Aninova den Schlachthof in Elsfleth im Visier], Landkreis
Wesermarsch bei Oldenburg, Niedersachsen. [2][Er ist auf Halal-Schlachtung
spezialisiert]. Was dort geschehe, sei „ein Massaker“, sagt Jan Peifer,
Vorstandsvorsitzender von Aninova.

Undercover-Videomaterial, entstanden im August und September 2024, wurde
Aninova zugespielt und zeigt, wie roh Schafe und Rinder hier behandelt
wurden. Es zeigt Tiere, die unbetäubt getötet werden, gegen Gitter prallen,
in Blutseen liegen, geschlagen werden, geworfen, gestapelt und getreten.
Die Aufnahmen zeigen Schocks mit Elektrotreibern; bei einem Rind 160 Mal.
Er habe „selten solch einen brutalen Umgang“ gesehen, sagt Peifer.

Ende vergangener Woche hat Aninova das zuständige Veterinäramt in Brake in
Kenntnis gesetzt, hat bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige
erstattet, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 17 2a) und b)
Tierschutzgesetz. Das sieht im Maximalfall eine Freiheitsstrafe von bis zu
drei Jahren vor, wenn einem Wirbeltier „aus Rohheit erhebliche Schmerzen
oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche
Schmerzen oder Leiden“ zugefügt werden.

## „Völliges Versagen sämtlicher Überwachungsmechanismen“

In der Strafanzeige gegen die Schlachthof-Geschäftsführer Issam H. und
Jochen K. sowie gegen die verantwortlich handelnden Amtsveterinäre ist
davon die Rede, Tiere seien „brutal gequält“ worden. Es ist die Rede von
einer „grausamen Gleichgültigkeit gegenüber den Empfindungen der Tiere“.

Ein Kurzgutachten von Claudia Preuß-Ueberschär und Jochen Weins vom Verein
„Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“ ist der Strafanzeige
beigefügt. In diesem Gutachten attestieren sie ein „völliges Versagen
sämtlicher Überwachungsmechanismen“.

„Auch in diesem Schlachthof hat wieder alles versagt, was nur versagen
kann“, sagt Peifer. Immer wieder sei der amtliche Tierarzt auf den
Aufnahmen zu sehen, doch bei Tierquälerei schreite er nicht ein oder er sei
nicht dabei.

„Die zu sehenden Handlungen in den Aufnahmen sind nicht hinnehmbar, sie
sind erschütternd und verwerflich“, schreibt Niedersachsens
Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) der taz auf Nachfrage.
„Alles deutet darauf hin, dass den Tieren erhebliche Schmerzen und Leiden
zugefügt wurden, und somit eine oder mehrere Straftaten vorliegen.“ Das
Ministerium werde selbst ebenfalls Strafanzeige stellen, so Staudte.

## Schlachthof geschlossen

Das Veterinäramt Jade-Weser hat das bereits getan. Am späten Sonntagabend
wurde dort das Videomaterial gesichtet. Am frühen Montagmorgen schlossen
Mitarbeiter des Veterinäramtes den Schlachthof bis auf Weiteres, begleitet
von der Polizei. „Die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe zur Überwachung
der Schlachthöfe ist ein sehr wichtiger Bestandteil der behördlichen
Gefahrenabwehr“, schreibt Bernd Niebuhr, der Vorsitzende der
Verbandsversammlung des Veterinäramtes, in einer Stellungnahme. „Vor diesem
Hintergrund nehmen wir die hier zum Ausdruck gebrachten Vorwürfe in Bezug
auf den Tierschutz sehr ernst.“

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nun viel zu tun. Man habe aufgrund der
Aninova-Anzeige „Ermittlungen gegen verantwortlich Handelnde eines
Schlachthofs in Elsfleth wegen des Verdachts von Verstößen nach § 17
Tierschutzgesetz aufgenommen“, bestätigt Staatsanwalt Thorsten Stein,
Sprecher der Behörde.

Niedersachsen habe sich „durch eine Bundesratsinitiative für die
[3][Etablierung einer Videoüberwachung in den Schlachthöfen] stark
gemacht“, schreibt Natascha Manski, Sprecherin des niedersächsischen
Landwirtschaftsministeriums, der taz. „Dieses wichtige Anliegen des Landes
wurde in diesem Jahr im Rahmen der vorgesehenen Novellierung des
Tierschutzgesetzes aufgegriffen. Der betroffene Schlachthof würde unter die
derzeit vorgesehene Größenordnung fallen, bei der eine Videoüberwachung
künftig verpflichtend ist.“

Vorgesehen ist, dass in Schlachthöfen, in denen pro Jahr mehr als 1.000
Großvieheinheiten (GVE) geschlachtet werden, ein Videoüberwachungssystem
etabliert werden muss. Eine GVE entspricht etwa 500 Kilogramm. Bei
kleineren Schlachthöfen könne das künftig „schon bei Vorliegen eines
Verdachts“ angeordnet werden, so Manski.

## Schulungen für Tierärzte

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium habe in den vergangenen
Jahren die Fachaufsicht über die kommunalen Veterinärbehörden „zunehmend
intensiviert“, so Manski. „So werden seit 2023 besonders die amtlichen
Tierärzte, die die kleinen Schlachtbetriebe überwachen, zusätzlich
regelmäßig über Schulungen weitergebildet.“ Zusätzlich führe das
niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
„risikoorientierte Kontrollen“ in Schlachtbetrieben durch.

Der Schlachthof, von der taz um Kommentierung gebeten, schweigt. Auf seiner
Website, mittlerweile nicht mehr aufrufbar, hatte er sich für sein
„kompetentes Team“ gelobt. Auch ein streitbar schnaubendes Longhorn-Rind
war hier zu sehen, als Logo. Die Opfer-Rinder im Video sehen anders aus.

29 Oct 2024

## LINKS
[1] https://www.presseportal.de/pm/115581/5897130
[2] /Halal-Fleisch-trotz-Betaeubung/!5619397
[3] /Tierquaelerei-in-der-Fleischindustrie/!5886502
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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