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taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: [1][Ramelow nicht neuer Vorsitzender der Linken.]
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: SPD kann weiter von Ramelow träumen
taz: Ist der Westen Deutschlands bald so gottlos wie schon der Osten?
Küppersbusch: Völlig unverständlich. Frau Holtmannspötter zeigt im
Unterricht immer einen Film und Pfarrer Große-Katthöfer märtyrert sich
durchs Lehrerzimmer, weil er niemanden mit schlechten Noten vom rechten
Glauben abhalten will. Reli – Du christ den Hals nicht voll davon. Soweit
die Boomer-Nostalgie. Immerhin haben auch heute mehr SchülerInnen in
Deutschland Religionsunterricht als Menschen noch in den Kirchen sind, ein
restliches Viertel belegt, das Ersatzfach Ethik. Die christlichen Kirchen
genießen grundgesetzlich verankerten Einfluss auf den Unterricht, das ist
bei Muslimen nicht so, mangels Organisationsform. Ansonsten sieht’s aus wie
ein flachgelegter Turm zu Babel, jedes Bundesland glaubt mal so herum nach
seiner Fasson. Geht’s um ein Verständnis für und unter Religionen, führt
der Weg weg von der Mission und hin zum Ethikunterricht.
taz: Innenministerin Nancy Faeser verteidigte ihre Gesetzentwürfe [2][zum
„Sicherheitspaket“ gegen jegliche Kritik]. Fühlen Sie sich jetzt sicherer
in Deutschland?
Nicht vor Faeser. Vor den Landtagswahlen im Osten ließ die Ampel alle
Hemmungen fallen, Menschenrechte abzuflexen. Friedrich Merz musste sich
schon einen glatten Rechtsbruch einfallen lassen – unterschiedslose
Zurückweisung an den Grenzen – um da noch rechts dran vorbeizukommen. Eine
Expertenanhörung später wurde Faeser klar, dass sie Gestrandete obdachlos
macht, der Polizei allerhand biometrischen Jux erlaubt und Radikalinskis in
der EU eine Freude macht, indem sie den Dublin-Vertrag schreddert. Nun hat
sie alle gegen sich aufgebracht – und ist im Bundesrat auch an
schwarz-grünen Ländern abgeprallt. Mir fällt spontan nichts ein, wie man
AfD und BSW besser hätte supporten können.
taz: Auf dem EU-Gipfel zur Eindämmung irregulärer Migration zeigte man sich
entschlossen, die EU-Außengrenzen mit allen Mitteln zu schützen. Außerdem
sollen Abschiebezentren in Drittstaaten außerhalb der EU eingerichtet
werden. Stein um Stein zur Festung Europa?
Küppersbusch: 2018 forderte die damalige Kanzlerin Angela Merkel ein
„gerechtes Verteilsystem“, das den „Grundwerten der EU“ entspreche, der
Menschenwürde – und das dem Rassismus entgegentrete. Das ging ja fix. Von
heute aus betrachtet versuchte da ein letztes Mal der Schwanz mit dem Hund
zu wackeln. Sechs Jahre später, in 2024 führt Merkels Erfindung von der
Leyen die EU auf den Kurs aller, die Merkel und ihren verblasenen
Humanismus schon immer doof fanden. Jenseits aller moralischen Rhetorik:
Das flexible System besteht, das starre bricht. Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen nennt das italienische Abschiebelager in Albanien ein
„Lernbeispiel“ und wird von einem römischen Gericht belehrt, dass es
EU-Recht bricht. Von Werten ohne Gemeinschaft zur Gemeinschaft ohne Werte.
taz: Die Nachfahren des Theologen Dietrich Bonhoeffer wollen dessen
Andenken als NS-Widerständler, der in einem KZ starb, bewahren.
US-amerikanische religiöse Rechte versuchen, ihn aktuell für ihre Zwecke zu
vereinnahmen. Außer für rechte Propaganda und deutsche
Widerstandserzählung, wofür könnte man den Theologen Bonhoeffer noch
instrumentalisieren?
Küppersbusch: Der amerikanische Autor und Radiomoderator Eric Metaxas, von
Herkunft Deutsch-Grieche, schrieb eine Bonhoeffer-Biografie. Darin deutet
er die historische Person gegen „politische Korrektheit“ und „den
verklemmten Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit“. Später wurde
sein Youtube-Kanal wegen „Falschinformationen über Covid“ gesperrt. Der
Kern: Theologe Bonhoeffer war ein paarmal in die USA gereist, zog da weise
Erkenntnisse, war tief im christlichen Glauben verwurzelt und wurde wegen
seiner Überzeugungen ermordet. Kurz: Die ideale Projektion für alle, die
mit Modemeinung Geld und Ruhm verdienen, nichts riskieren und mit dem Arsch
im Warmen sitzen. „Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern … so
nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern.“ Das gilt sicher für den Schwall ins
All, den Leute wie Metaxas oder auch AfDler Höcke über Bonhoeffer
verbreiten. Man muss mit Respekt würdigen, dass noch kein
Smoothie-Hersteller zugegriffen hat.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Sonntagmittag übertrug der MDR das Duell Dynamo Dresden gegen
RWE. Möge die Quote mit ihm sein.
Fragen: Chantalle El Helou
20 Oct 2024
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