# taz.de -- Reaktionen auf Grünen-Rücktritt: Respekt und Neuwahlforderung

> Quer durch die Parteien wird den Grünenchefs Lang und Nouripour für ihren
> Rücktritt Respekt ausgesprochen. Der Kanzler ist überrascht, die CDU will
> Neuwahlen.
Berlin taz/dpa/afp | Der überraschend angekündigte Rücktritt des
Bundesvorstands der Grünen ist in der Partei auf ein weitgehend positives
Echo gestoßen. Abwartend zeigte sich FDP-Chef Christian Lindner. Die CDU
wiederholte ihre Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen.

Die [1][Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour hatten am
Mittwoch angekündigt, dass sie und der gesamte Bundesvorstand nur noch bis
zum Parteitag im November geschäftsführend im Amt bleiben]. Nach den
Wahlniederlagen in den ostdeutschen Bundesländern sei ein Neuanfang
notwendig, hieß es.

Von führenden Grünen in den Bundesländern wurde der Rücktritt einhellig
begrüßt. „Ich glaube, dass es die richtige Entscheidung war“, sagte
Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré. Nun könnten die Grünen
die Möglichkeit nutzen, sich personell und inhaltlich neu aufzustellen.

„Ich habe große Achtung vor ihrem Schritt, jetzt zurückzutreten. Wir werden
uns bei unserem Bundesparteitag im November neu aufstellen und dann mit
frischer Kraft die Aufholjagd zur Bundestagswahl beginnen“, sagte auch
Bayerns Grüne-Landesvorsitzende Gisela Sengl in München.

Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne). „Beide haben die Partei in nicht einfachen Zeiten mit
hoher Loyalität zur Bundesregierung geführt. Das verdient großen Respekt“,
teilte Kretschmann mit. „Es ist aber auch richtig, die Konsequenzen aus den
Wahlergebnissen zu ziehen und den Weg für einen personellen Neuanfang
freizumachen.“

Fast wortgleiche Statements kamen auch von weiteren Landesverbänden wie
Hamburg, Berlin oder Brandenburg.

Auch die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Britta Haßelmann und Katharina
Dröge, zollten ihnen „großen Respekt“ für die Entscheidung, „die Partei für
kommende Wahlkämpfe neu aufzustellen“.

## Kanzler war auch überrascht

Auch für den Bundeskanzler ist der Rücktritt der Grünen-Spitze unerwartet
gekommen. „Ich glaube, der Kanzler hat es im Umfeld der Pressekonferenz
erfahren“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in
Berlin. Olaf Scholz (SPD) sei mit dem Grünen-Vorstand auch persönlich eng
verbunden gewesen und bedauere dessen Schritt. Hebestreit sprach von einem
„normalen Prozess“, den die Regierung zur Kenntnis nehme. „Das hat
keinerlei Auswirkungen auf die Koalition.“

Ähnliche Stimmen kamen zunächst auch aus der SPD-Fraktion. Die
Parlamentarische Geschäftsführerin der Sozialdemokraten, Katja Mast, sieht
keine Auswirkungen auf die Stabilität der Ampel. „Ich gehe davon aus, dass
die Grünen das gleiche Interesse haben, gemeinsam vereinbarte Dinge
umzusetzen, und es sich nur um eine Neusortierung innerhalb der Grünen und
nicht innerhalb der Regierungskoalition handelt.“

FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte Respekt
gegenüber der Entscheidung und sprach gegenüber der taz von einem
„anscheinend angelaufenen Erneuerungsprozess“ bei den Grünen. Dies sei
jedoch auch eine „innerparteiliche Entscheidung“. „Jede Partei muss für
sich entscheiden, welche Konsequenzen sie aus der aktuellen politischen
Lage zieht“, so Strack-Zimmermann.

## Zurückhaltung beim Koalitionspartner FDP

Auch FDP-Chef Christian Lindner hat Lang und Nouripour seinen Respekt
ausgesprochen. Die Zusammenarbeit mit beiden sei „menschlich immer fair“
gewesen, schrieb der Bundesfinanzminister am Mittwoch im Online-Dienst X.
Er erklärte aber auch: „Wir sind gespannt, ob unter neuer Führung ein neuer
Kurs entsteht und welche Auswirkungen er auf die Regierung hat.“ Diese
müsse „zur Sacharbeit kommen“. Das Land habe „keine Zeit zu verlieren“.

Ähnlich hatte sich zuvor auch schon die SPD-Spitze geäußert. „Wir haben
gemeinsam an der Spitze unserer beiden Parteien stets verlässlich und
vertrauensvoll Dinge besprochen und geklärt“, erklärten die
SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil der Düsseldorfer
Rheinischen Post.

Selbst Paul Ziemiak, Generalsekretär der NRW-CDU und
Bundestagsabgeordneter, bedauerte den Rücktritt von Lang und Nouripour. Die
Zusammenarbeit mit ihnen sei „wirklich immer gut, vertrauensvoll und
persönlich immer hochanständig“ gewesen.

Ziemiak würdigte besonders die Grünen-Vorsitzende Lang. „Ich muss sagen,
was diese starke Frau an Anfeindungen und Beschimpfungen erlebt hat, das
auszuhalten, verlangt mir größten Respekt ab.“ Lang und Nouripour zahlten
aber nun den Preis „für all das Missmanagement und den Streit in der
Ampel“.

## Linnemann fordert Neuwahlen

Nicht nur persönliche, sondern politische Konsequenzen forderte hingegen
der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann. „Noch ein Jahr
‚Ampel‘ wird unser Land nicht verkraften“, sagte Linnemann der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung. „An Neuwahlen führt kein Weg vorbei.“

Die Grünen hätten „persönliche Konsequenzen“ aus den „desolaten“
Wahlergebnissen gezogen, sagte der CDU-Generalsekretär. Dies sei „ein
respektabler Schritt“. Die Grünen müssten aber „ihre Politik grundsätzlich
ändern“, sagte Linnemann. „Die grüne Blockadehaltung bei der
Migrationspolitik“ und „ideologisches Mikromanagement im
Wirtschaftsministerium“ unter Minister Robert Habeck „schaden unserem
Land“.

25 Sep 2024

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