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Berlin taz | Gerade erst schlug [1][im brandenburgischen Hohen Neuendorf
ein Mann einen 68-jährigen Grünen-Wahlkampfhelfer nieder] und raubte dessen
Tasche mit Parteiflyern. Zuvor schon wurde in dem Bundesland [2][die
CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo in Cottbus rassistisch beleidigt und
angegriffen]. In Sachsen wiederum wurde ein Linken-Wahlhelfer in Dohna mit
einer Machete bedroht, ein Team der Piraten in Dresden angegriffen, in der
Stadt auch [3][ein 23-jähriger Gewerkschafter von mehreren Personen
verprügelt].
Sorgten schon im Frühjahr im Europa- und Kommunalwahlkampf
[4][Gewaltdelikte oder Bedrohungen von Engagierten in Brandenburg, Sachsen
und Thüringen für Schlagzeilen], darunter ein Angriff auf den sächsischen
SPD-Europaspitzenkandidaten Matthias Ecke, häufen sich nun erneut
Meldungen.
Laut Sachsens Innenministerium sind es keine Einzelfälle: Demnach wurden in
diesem Jahr bislang bereits 897 politisch motivierte Straftaten in
Zusammenhang mit den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen gezählt. 55
Vorfälle hätten sich dabei direkt gegen Parteirepräsentanten gerichtet, 14
gegen Parteigebäude. Die meisten Vorfälle, 815 Stück, beträfen allerdings
Beschädigungen von Wahlplakaten – die meisten davon trafen laut Ministerium
welche der SPD und AfD. Gezählt wurden aber auch 14 Gewaltdelikte.
Auch in Brandenburg wurden in diesem Jahr bis Anfang Juli laut Antwort der
Landesregierung auf eine Linken-Anfrage 75 politisch motivierte Straftaten
gegen Parteirepräsentant*innen und 930 Taten gegen Wahlplakate
verübt – mehr als bei den Wahlen 2019 im Bundesland. In 63 Fällen seien
Menschen attackiert worden.
## Anfeindungen „leider schon alltäglich“
In Thüringen gab es laut Polizei in diesem Jahr bereits 479 politisch
motivierte Straftaten mit Bezug zu Wahlen. Auch hier betrafen die
allermeisten Beschädigungen oder Diebstahl von Wahlplakaten, teilte eine
Sprecherin der taz mit. In 28 Prozent der Fälle habe dies die AfD
betroffen, gefolgt von den Grünen (20 Prozent) und der CDU (18 Prozent).
„Dass Menschen, die in Sachsen Wahlkampf betreiben, angepöbelt oder
angefeindet werden, ist leider schon alltäglich“, beklagt Michael Nattke
vom Kulturbüro Sachsen, das Kommunen zu Rechtsextremismus berät. Auch nach
den Angriffen im Europawahlkampf bestehe die „aufgeheizte Stimmung“ fort.
„Da gibt es kein Innehalten. Die rechtsextreme Szene ist sehr
selbstbewusst“, so Nattke zur taz. „Einige der Tatverdächtigen sind weiter
bei Szeneaktionen dabei, etwa von der ‚[5][Elblandrevolte]‘.“ Gerade
deshalb sei es wichtig, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft
und schneller Anklagen gegen Täter erhoben würden, um hier Stoppzeichen zu
setzen, fordert Nattke. „Es braucht eine andere Priorisierung bei der
Justiz.“
Schon nach den Übergriffen im Frühjahr hatten Sachsens Innenminister Armin
Schuster (CDU), Brandenburgs Michael Stübgen (CDU) und Thüringens Georg
Maier (SPD) [6][eine harte Strafverfolgung von Gewalttätern angekündigt].
Auf einem Sondertreffen aller Innenminister*innen und
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wegen der Vorfälle wurde dies
unterstrichen. Anklagen aber stehen bisher zumeist aus.
Anfang August eröffnete Faeser zudem eine Ansprechstelle zum Schutz
kommunaler Amts- und Mandatsträger, betrieben vom Deutschen Forum für
Kriminalprävention. Diese soll Betroffenen konkret und vertraulich
Hilfsangebote vermitteln. Mit bis zu einer Million Euro wird dies jährlich
finanziert. „Diese Angriffe erfolgen gezielt, um Demokraten mundtot zu
machen“, warnte Faeser.
Auch BKA-Präsident Holger Münch hatte [7][in der taz die Straftaten als
„Alarmsignal“ bezeichnet]. Die Unzufriedenheit mit staatlichen
Institutionen befördere Bedrohungen und Gewalt, die sich schlimmstenfalls
zu schwersten Taten wie dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke 2019
steigern könne.
## Bundesweit meiste Straftaten gegen die Grünen
Schon im vorigen Jahr war es bundesweit zu 3.626 Straftaten auf
Parteirepräsentanten oder Mandatsträger gekommen. Das geht aus finalen
Zahlen des BKA für das Jahr 2023 hervor, die der taz vorliegen. Die mit
großem Abstand meisten Straftaten trafen dabei die Grünen, 1.727 Fälle.
Danach folgten die SPD (648), die AfD (578), die FDP (498), die CDU (286)
und die Linke (110).
Unter den Vorfällen waren laut BKA auch 79 Gewalttaten. Hiervon wiederum
richteten sich 59 gegen die AfD, 7 gegen die Grünen, je 5 gegen Linke und
SPD sowie je 3 gegen FDP und CDU.
19 Aug 2024
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