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taz: Felix Brückner, ein Auftritt wie jetzt in Bremen: Machen Sie so was
gerne?
Felix Brückner: Doch, grundsätzlich schon. Weil er die beiden Dinge
verbindet: das Musikmachen an sich, aber auch eine Art Aktivismus für mehr
Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung auf der Bühne; das Entwickeln von
Perspektiven für diese Menschen, so was auch machen zu können.
Wie willkommen fühlt sich ein Musiker mit Beeinträchtigung auf den Bühnen,
so wie sie heute sind?
Weniger willkommen, ehrlich gesagt. Einfach weil die Veranstaltungsorte und
-stätten größtenteils nicht bereit sind für Menschen mit Behinderung, vor
allem mit Mobilitätseinschränkungen. Das betrifft den Zugang zur Bühne,
aber es beginnt meist schon beim Zugang zum Club selbst. Da ist noch viel
Luft nach oben, nicht nur infrastrukturell.
Ist die Livemusik-Branche, was das angeht, noch etwas weiter hinten dran
als andere Kultursparten?
Bei allem, was quasi nicht in öffentlicher Hand ist, wo es zumindest ein
paar gesetzliche Hebel gibt, um auch mal Druck ausüben: Da sieht es
schlechter aus.
Der Fokus liegt morgen auf Festivals – bringen die eigene Probleme mit
sich?
Das Gute daran ist, dass sie oft auf- und abgebaut werden und dabei also
die Möglichkeit erst mal besteht, mehr Barrierefreiheit zu gewährleisten –
verglichen damit, in einen Club, der vielleicht schon seit 50 Jahren da
steht, Aufzüge einzubauen. Bei Festivals kann man die Zugänglichkeit von
Beginn an mitdenken, und das macht den Aufwand relativ überschaubar.
Passiert dieses Mitdenken denn?
Es gibt einerseits Festivals, die solche Fragen quasi zum Schwerpunkt
haben. Bei allen anderen wird Barrierefreiheit nur sehr selten ausreichend
mitgedacht – nämlich dann, wenn man Künstler:innen mit Behinderungen
bucht, und dann sagt: Okay, dann müssen wir da was machen. Der Anspruch
muss aber sein, grundsätzlich und immer diese Zugänge zu schaffen. Oftmals
wird man als Künstler*in mit Behinderung aufgrund fehlender
Barrierefreiheit erst gar nicht gebucht.
Wie sehr schnurrt Barrierefreiheit da zusammen auf so etwas wie Rampen für
Rollstühle? Barrieren können ja auch anders aussehen – und manchmal ganz
unsichtbar sein.
Es ist eben das eingängigste Bild: Menschen mit Behinderungen, das sind
Rollstuhlnutzende/Rollstuhlfahrer*innen. Barrierefrei bedeutet aber nicht
bloß rollstuhlgerecht. Sondern zu sehen, wie sich auch darüber hinaus für
andere Menschen mit anderen Behinderungen Zugänge zur Kultur gewährleisten
lassen – auch bei Konzeption und Durchführung ihre Expertise in die Teams
zu bekommen. Ein Problem ist, dass Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit oft
nur mit Förderungen umgesetzt werden. Und dann wegfallen, wenn die
Förderung ausbleibt. Sie gehören stattdessen ganz normal ins Budget einer
Veranstaltung.
Was müsste passieren?
Ich hatte lange die Hoffnung, dass es reicht zu sensibilisieren,
aufzuklären und auf die Bereitschaft aller Beteiligten zu setzen. Aber da
kommen wir zu langsam voran. Stattdessen sollten wir etwa, wenn man auf
Förderung zurückgreift, gezwungen sein, Mindestanforderungen umzusetzen.
Nicht nur Rampen und Podeste, sondern auch barrierefreie Kommunikation bis
hin zu Homepages oder in den sozialen Medien. Bei der Einführung neuer,
schärferer Datenschutzregelungen hat das ja auch geklappt.
7 Jul 2024
## AUTOREN
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