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Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) hat am Donnerstag das erste
bundesweite „Einsamkeitsbarometer“ vorgestellt. Ein wichtiger Schritt, um
das Einsamkeitsproblem in der Gesellschaft anzugehen, denn die WHO schätzt
Einsamkeit als ähnlich [1][gesundheitsschädlich ein wie Rauchen]. Doch was
fehlt, sind gesundheitspolitische Folgen. Der Bericht stellt fest, dass
pflegende Angehörige, Menschen, die viel Care-Arbeit verrichten, und junge
Erwachsene verstärkt von Einsamkeitsgefühlen betroffen sind, erkennt aber
nicht das strukturelle Problem dahinter.
Paus möchte Einsamkeit enttabuisieren und veranstaltet dafür Kaffee-Talks,
Aktionswochen und ein [2][„Singen gegen die Einsamkeit“]. Das alles fühlt
sich nach [3][virtue signaling], einer reinen Symbolpolitik, an. Der Frau,
die ihre kranke Mutter zu Hause pflegt, wird sich nicht bei einem Kaffee
mit der Familienministerin über ihre Sorgen unterhalten. Was ihr fehlt, ist
ein ambulanter Pflegedienst, den sie bezahlen kann. Der 18-Jährige, der
zwar Freund:innen hat, sich aber trotzdem ständig einsam fühlt, dem
bringt ein „Singen gegen Einsamkeit“ nichts. Stattdessen braucht er einen
Therapieplatz, ohne monatelanges Warten. Die Reduzierung von Wartezeiten
ist in der Einsamkeitsstrategie des Familienministeriums zwar vorgesehen,
aber ohne konkrete Umsetzungsvorschläge oder Zeitpläne. Das wird einem
derart dringenden Thema wie diesem nicht gerecht.
Soziale und gesundheitliche Einrichtungen sollen für das Thema
sensibilisiert werden. Das setzt am Ende an statt am Anfang. So wird
Einsamkeit erst dann angegangen, wenn die Leute teilweise schon sozial
isoliert sind. Denn der Bericht stellt auch fest, dass einsame Menschen
weniger Vertrauen in politische Institutionen haben und seltener wählen
gehen. Es ist nicht verwunderlich, dass Leute, die sich von der
Gesellschaft im Stich gelassen fühlen, sich nicht auf die Politik verlassen
wollen. Die Entscheidung, Einsamkeit bekämpfen zu wollen, ist richtig –
aber man macht viel kaputt, wenn man es halbherzig macht.
31 May 2024
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