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Berlin taz | Sie werden gesucht wegen Diebstählen oder Betrugsdelikten,
aber auch wegen politisch motivierten Gewalttaten. Die Zahl der
Rechtsextremen, die mit offenen Haftbefehlen gesucht werden, liegt weiter
auf hohem Niveau. Zum jüngsten Stichtag am 29. September 2023 gab es
bundesweit 776 Haftbefehle gegen insgesamt 597 Personen. Das geht aus der
Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Linken-Anfrage im Bundestag
hervor.
Damit liegt die Zahl hinter der vom Herbst 2022, als es [1][915 offene
Haftbefehle gegen 674 Personen aus dem rechten Spektrum] gab – der
bisherige Höchststand. Bis dahin waren die Haftbefehle über die Jahre immer
weiter angestiegen: 2012 lag die Zahl der Gesuchten noch bei 266. Die
Zahlen sind Momentaufnahmen zum jeweiligen Stichtag, der halbjährlich
abgefragt wird.
Die aktuell offenen Haftbefehle betrafen in 27 Fällen ein politisch
motiviertes Gewaltdelikt. Eine terroristische Tat war nicht darunter, auch
kein Gefährder war gesucht. 132 weitere Haftbefehle waren offen, weil
anderweitig rechte Straftaten verübt wurden, wie Volksverhetzung oder das
Verwenden von verfassungswidrigen Kennzeichen. Die restlichen Haftbefehle
betrafen Delikte der Allgemeinkriminalität.
Bei 18 Personen gab es Erkenntnisse, dass diese sich in Polen aufhielten,
12 sollen in Österreich gewesen sein und sieben in der Schweiz. Ein
Haftbefehl war bereits seit zehn Jahren offen, insgesamt 104 waren es seit
immerhin zwei Jahren.
## Ministerium beteuert „Nachdruck“ bei Fahndungen
Gestellt wurde die Anfrage von der Linken-Abgeordneten Martina Renner. Sie
fordert mehr Anstrengungen, um die gesuchten Rechtsextremen zu fassen. „Der
Verfolgungsdruck auf die Szene muss in der Fläche dauerhaft und auch im
Ausland erhöht werden“, sagte Renner der taz. Sie erinnerte an die
[2][beiden Maßnahmenpakete von Bundesinnenministerin Nancy Faeser], mit
denen diese rechtsextreme Netzwerke zerschlagen und Demokratiefeinde
bekämpfen will.
„Konsequentes Vorgehen würde bedeuten, dass das Innenministerium die eigene
Priorisierung ernst nimmt und wegen Gewaltdelikten gesuchte Nazis rigoros
verfolgt“, betonte Renner. „Frau Faeser wiederholt mantrahaft ihre
Maßnahmen und Aktionspläne gegen Rechts und vermeintliche Erfolge. Die
Realität aber entwickelt sich in die genau entgegengesetzte Richtung.“ Beim
Vergleich auf lange Sicht zeige sich ein deutlicher Anstieg der Zahlen.
Das Innenministerium beteuert in seiner Antwort dagegen, dass in allen
Fällen Fahndungsmaßnahmen veranlasst wurden. Bei Gewaltdelikten seien die
Fälle auch im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum
besprochen worden. Außerdem seien von März 2022 bis September 2023
insgesamt 392 Haftbefehle vollstreckt worden. Das zeige, dass die Polizei
die Fahndungen „mit Nachdruck und erfolgreich“ durchführe. Zur gleichen
Zeit kamen aber bereits neue Haftbefehle hinzu.
Die Linken-Abgeordnete Renner verwies auch darauf, dass laut
Innenministerium zuletzt 244 Haftbefehle gegen 179 Reichsbürger gezählt
wurden und 621 Haftbefehle gegen 449 Personen im Bereich „Sonstige
Zuordnung“, in die etwa Coronaprotestierende fallen. Zusammen mit diesen
Zahlen erhöhe sich die Gesamtzahl der gesuchten Personen aus dem rechten
Spektrum „nochmals drastisch“, so Renner.
25 Apr 2024
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