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Berlin taz | Den Tarifbus haben das BVG-Management und seine
Verhandlungspartner von Verdi bereits Ende Januar bestiegen. Zwischendurch
geriet das Gefährt leicht ins Schlingern, aber jetzt ist klar: [1][Die
Zielhaltestelle wird in Kürze erreicht.] Es fehlt nur noch das „Go“ der in
der Dienstleistungsgewerkschaft organisierten Mitarbeitenden im
landeseigenen ÖPNV-Unternehmen und dessen Tochter Berlin Transport (BT) für
den ausgehandelten Kompromiss. Geben sie grünes Licht, dürfte Anfang Mai
ein neuer Manteltarifvertrag in Kraft treten, der bis Ende 2025 Gültigkeit
hat.
Von den Verstimmungen, die es gab, als Verdi am 1. März auch in Berlin zum
Warnstreik aufrief und der BVG-Vorstand daraufhin den für denselben Tag
angesetzten Verhandlungstermin [2][empört aufkündigte,] war am Donnerstag
in der Unternehmenszentrale an der Holzmarktstraße nichts mehr zu spüren.
In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz verkündeten
BVG-Personalvorständin Jenny Zeller und Verdi-Verhandlungsführer Jeremy
Arndt die erzielte Einigung und zelebrierten dabei regelrecht das
gegenseitige Vertrauen.
„Fängst du an, Jeremy?“, fragte Zeller, und Arndt zählte auf, worauf sich
die rund 14.000 BVG-Beschäftigten und ihre knapp 2.000 BT-KollegInnen
freuen dürfen: So fällt die Staffelung beim Urlaubsanspruch je nach Länge
der Betriebszugehörigkeit weg – ab 2025 gibt es einen Anspruch auf 30
Urlaubstage, bislang müssen EinsteigerInnen mit 28 Tagen vorliebnehmen. Im
laufenden und im kommenden Jahr zahlt das Unternehmen je 500 Euro
Urlaubsgeld, ab 2026 sollen die Mitarbeitenden zwischen Urlaubsgeld und
zwei freien Tagen wählen können.
Weitere Blüten aus dem „bunten Blumenstrauß“ an Ergebnissen, wie Jenny
Zeller es nannte: Rückwirkend zum 1. Januar wird eine zusätzliche 6.
Entgeltstufe eingeführt, die unbezahlten Pausenteile im Fahrdienst werden
ab 2025 von 50 auf maximal 30 Minuten abgesenkt, es gibt eine Reihe neuer
Zulagen und einen möglichen Zuschuss von immerhin 6,65 Euro zum Monatslohn
als vermögenswirksame Leistung.
## 6 Minuten Wendezeit
Der eigentliche Knackpunkt, bei dem sich die Verhandelnden am längsten
verhakt hatten, [3][waren aber die „Wendezeiten“]: die Minuten also, die
FahrerInnen am Ende einer Strecke zumindest nominell zur Verfügung haben,
um die Toilette aufzusuchen oder in die mitgebrachte Stulle zu beißen. Hier
lautet der vereinbarte Kompromiss: Ab 2025 soll es bei sogenannten
Umlauflängen ab 40 Minuten – also auf den mittleren und längeren Linien –
durchschnittlich 6 Minuten Haltezeit geben. Aktuell sind es maximal 4,
künftig sollen es also, rein rechnerisch jedenfalls, auch mal 8 Minuten
sein können.
Das ist weit von den regulären 10 Minuten Haltezeit entfernt, auf die Verdi
gepocht hatte, um den stressigen Arbeitsalltag der FahrerInnen erträglicher
zu machen. Die BVG hatte dagegen immer darauf verwiesen, dass diese
Forderung unbezahlbar und damit unerfüllbar sei, weil sie viele zusätzliche
Stellen, aber auch neue Halteplätze für die Fahrzeuge erforderlich mache.
Was die 6 Minuten nun kosten werden, konnte Zeller am Donnerstag nicht im
Einzelnen sagen, alle Maßnahmen zusammen schlagen ihr zufolge aber mit 70
Millionen Euro für die Jahre 2024 und 2025 zu Buche.
Gesichtswahrend für Verdi ist nun ein vereinbarter Versuch auf einigen Bus-
und Tramlinien, bei dem ab 1. Juli der Fahrplan durch ein Taktmodell
ersetzt werden soll – also ein fester zeitlicher Abstand zwischen den
einzelnen Fahrzeugen. Davon verspreche man sich eine Entlastung für die
FahrerInnen, die derzeit ständig gegen die Uhr fahren müssten, aber auch
mehr Verlässlichkeit für die Fahrgäste an den Haltestellen, sagte Arndt der
taz.
## Was bringt ein Takt?
Aber funktioniert so eine Taktung, wenn am Wendepunkt nichts abfahren kann,
weil dort durch die üblichen Verspätungen gar kein Bus oder keine Tram
bereitsteht? Und verlangsamt das Prinzip am Ende den gesamten Ablauf nicht
noch mehr, wenn der Druck durch den Fahrplan wegfällt? Genau das werde sich
zeigen, sagte Arndt – das Experiment werde wissenschaftlich begleitet und
evaluiert.
Freude über das Ergebnis gab es nicht nur am Verhandlungstisch: Auch
Fridays for Future Berlin, [4][die Verdi im Arbeitskampf unterstützt
hatten], finden den voraussichtlichen Abschluss grundsätzlich gut, wie
Sprecherin Debby Roschka der taz sagte: „Schließlich sind es die
Beschäftigten, die den Nahverkehr am Laufen halten und so klimafreundliche
Fortbewegung ermöglichen.“ Es brauche aber „definitiv noch weitere
Verbesserungen“, für die auch die Politik verantwortlich sei – „massive
Investitionen von Bund und Ländern in einen guten ÖPNV, damit wir alle
jeden Tag sicher von A nach B kommen können“.
Fridays for Future werde deshalb „dranbleiben“ und gemeinsam mit den
Beschäftigten im ÖPNV kämpfen. „Wir überlegen bereits, wie wir im Rahmen
der Tarifverhandlungen um bessere Löhne im nächsten Jahr gemeinsam Druck
machen können“, sagt Roschka. Anfang 2025 steht nämlich die
Entgelt-Tarifrunde für die BVG-Beschäftigten auf dem Programm.
11 Apr 2024
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