|
BERLIN taz | Am Schluss wurde es noch einmal richtig laut im überfüllten
Saal des Ballhaus Prinzenstraße im Wedding. „Fight borders – not Migration“
skandierten die Besucher*innen einer [1][Gala für
Fluchthelfer*innen, zu der die Organisation borderline europe]
eingeladen hatte. Ausgezeichnet wurden Mahtab Sabetara und Hamza Haddi,
weil sie oder ihre Verwandten geholfen haben, [2][Geflüchtete nach Europa]
zu bringen. Beide waren dafür kriminalisiert worden.
In bewegenden Worten schilderte der marokkanische Menschenrechtsaktivist
Hamza Haddi, wie er misshandelt und mehrere Monate in griechischen
Gefängnissen verbringen musste. Ihm war von den griechischen Behörden
Fluchthilfe vorgeworfen worden, weil er geholfen hatte, das gestrandete
Boot, auf dem er mit vielen anderen Geflüchteten saß, an Land zu bringen.
Haddi wurde noch einer europaweiten Solidaritätskampagne freigesprochen.
Der zweite Preisträger, Homayoun Sabetara, sitzt noch immer in griechischen
Gefängnissen. Er wurde zu einer Haftstrafe von 18 Jahren ebenfalls wegen
Fluchthilfe verurteilt. Seine Tochter Mahtab Sabetara nahm für ihn die
goldene Lisa entgegen.
## Solidarisches Umfeld
Benannt wurde der Preis nach der [3][kommunistischen Widerstandskämpferin
Lisa Fittko], die gemeinsam mit ihrem Ehemann und weiteren Genossen
Hunderte Verfolgte des Naziregimes über die Pyrenäen von Frankreich nach
Spanien schleuste. Eine szenische Lesung von Texten, die Lisa Fittko später
über ihre Arbeit als Fluchthelferin verfasst hatte, zeigt auch, dass sie
sich auf ein solidarisches Umfeld stützen konnte. Dazu gehörten neben
einem sozialistischen Bürgermeister einer kleinen südfranzösischen Stadt
auch Gendarmen.
Ein solches solidarisches Umfeld für Fluchthelfer*innen, die heute Menschen
helfen, in der EU anzukommen, war auch auf der Gala vertreten. Das
überwiegend jüngere Publikum verfolgte interessiert die
aktuell-politischen, aber auch die historischen Ausführungen über den
Begriff Schmuggel und Fluchthilfe.
## Nicht alle gleich willkommen
Die polnische Antirassistin Kalina Czwarnog berichtete, wie sie und ihre
Mitstreiter*innen in den letzten Jahren von der polnischen Polizei
verfolgt und kriminalisiert wurden, weil sie Geflüchteten, die [4][über die
belarussische Grenze nach Polen] gelangt waren, Essen und Medikamente
brachten. „Nur 100 Kilometer weiter wurden Helfer*innen willkommen
geheißen, die nach dem russischen Angriff auf [5][die Ukraine Menschen bei
der Flucht nach Polen] unterstützten“, beschrieb sie, wie Solidarität mit
Geflüchteten aussehen kann.
In ihrer Abschlussrede riefen Valerie Hänsel und Kerem Schamberger von
Medico International zu einer verstärkten Solidarität mit den Tausenden
Menschen auf, die allein in Griechenland unter dem Vorwurf der Fluchthilfe
im Gefängnis sitzen. Das ist an einem Abend, [6][in dem in Griechenland bei
der Parlamentswahl das rechte Lager gestärkt] wurde und [7][die AfD in
Sonneberg den ersten Landrat stellte], ein besonders dringlicher Appell.
26 Jun 2023
## LINKS
|