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Brindisi taz | Züge haben ihren eigenen Rhythmus. Unverwechselbar zum
Beispiel der gemächliche Rhythmus der Transsibirischen Eisenbahn: da-dum.
Da-dum. Da-dum. Die italienischen [1][Nachtzüge] sind da anders, deren Takt
gleicht eher einem hektisch klappernden Ratta-ratta-ratta. Der
Schlafkomfort ist überschaubar, dafür geht es schnell und meist pünktlich
ans Ziel.
Den InterCityNotte von Bologna nach Brindisi bin ich jetzt mehrfach
gefahren. Gleich zwei Züge gibt es von der Sorte: Der eine fährt um 23.39
Uhr in Bologna los und erreicht [2][Brindisi] um 9.29 Uhr, der andere fährt
minimal später um 0.10 Uhr und kommt morgens um 9.05 Uhr an. Die Preise
sind bei zeitiger Buchung ziemlich okay: Einen Sitzplatz im Sechser-Abteil
gibt es für rund 40 Euro, den Liegeplatz im Vierer-Abteil (gemischt oder
reines Frauenabteil) für rund 54 Euro, und wer es luxuriös mag, kann für
rund 84 Euro die Einzelkabine nehmen.
Das einzige Problem ist freilich, dass der Bahnhof von Bologna kein Herz
für Wartende auf den Nachtzug hat. Um 22 Uhr wird unter dem Murren der
Reisenden die Wartehalle zugesperrt. Da ich mit einem Zug von Deutschland
komme und vier Stunden Wartezeit habe, muss ich mir die Zeit auf dem
Bahnsteig oder dem Boden der zugigen Eingangshalle vertreiben. In lauen
Sommernächten bestimmt schön, in einer Winternacht um den Gefrierpunkt
ziemlich unschön. Eine Bar in der Innenstadt von Bologna wäre sicher der
bessere Tipp.
Dann gilt es, trotz Frierens aufmerksam beim Zugeinstieg zu sein, denn wie
erwähnt fahren die beiden InterCityNotte fast direkt hintereinander und
auch noch vom selben Gleis. Eine super Streckenabdeckung, aber eine
Trittfalle für verpeilte Nachtzugreisende: Prompt steige ich in den
falschen Zug. Zum Glück aber ist ein Teil der Strecke gleich, die Schaffner
nehmen es nicht böse und an der nächsten Haltestelle kann ich in den
richtigen Zug umsteigen. Endlich schlafen.
## Liegewagen ist etwas teurer
Es lohnt sich, hier die paar Euro draufzuzahlen und einen Liegewagen zu
nehmen. Im beengten Sitzplatzabteil drücken sich Koffer an Knie, eine
Klimaanlage pustet erbarmungslos auch bei kühlen Temperaturen, und an
Schlaf ist nicht zu denken.
Der Liegewagen ist dafür gut: vier Betten, in der Regel durchfahrende
Mitreisende und trotz des Gescheppers bisweilen sogar Schlaf. Morgens
bringt der Schaffner ein Trinkpäckchen und Kekse. Der Morgen belohnt für
die zerknautschte Nacht, denn der hintere Teil der Zugstrecke führt wie im
Bilderbuch direkt an der Adria entlang.
Ich wache mit Meerblick und Sonnenschein auf, Apulien bereitet stets einen
strahlenden Empfang. Am Provinzbahnhof gibt es Frühstück. Und der
InterCityNotte hat einen weiteren unschlagbaren Vorteil: seine
Pünktlichkeit. Im Gegensatz zur Tagfahrt von Brindisi nach Norden, wo der
Zug zuverlässig derart verspätet ist, dass ich den Anschluss gen Schweiz
verpasse und der mühsam zusammengestellte Reiseplan kollabiert.
In der Nacht dagegen ist der scheppernde, flinke Zug ein verlässliches
Verkehrsmittel. Und sollte er doch einmal verspätet sein, ist die
italienische Bahn recht großzügig: Schon ab 30 Minuten Verspätung gibt es
25 Prozent des Kaufpreises zurück. Die DB fängt – wenn überhaupt – erst bei
einer Stunde mit Rückerstattungen an.
11 Jun 2023
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