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Viel zu oft laufen Kita-Themen unter dem, was ein Bundeskanzler a.D. mal im
Ressort „Gedöns“ verortet hat. Schulpolitik hat es noch etwas leichter
durchzudringen, da geht es ja immerhin um Noten, um Abschlüsse; da schaltet
sich dann auch mal die Industrie- und Handelskammer (IHK) ein, wenn die
[1][Ergebnisse aus irgendwelchen Länder-Leistungsvergleichen nicht
stimmen]. Dann hören alle zu, es geht ja bei Bildungspolitik um diejenigen,
die einmal das Bruttosozialprodukt erwirtschaften sollen, und wenn sie es
nicht tun, weil man sie nicht dazu befähigt hat, wird das teuer für alle.
Es geht also ums Geld.
Aber Kita? Kleine Kinder und prekär bezahlte Jobs, die vor allem von Frauen
gemacht werden, hatten es noch nie leicht, Gehör zu finden. Bevor wir hier
abdriften: Der Punkt ist, Kita-Politik bekommt nicht den Stellenwert, die
sie verdient. Der aber nötig wäre, damit am Ende nicht alle drauf zahlen,
am meisten die Kinder selbst.
Jüngstes Beispiel ist die [2][Debatte um die Sprachkitas]. Nach viel
Protest aus den Ländern hat sich der Bund diese Woche doch dazu
durchgerungen, die seit 2016 laufende Förderung noch einmal bis Ende Juni
2023 zu verlängern. Eigentlich sollte das Bundesprogramm Ende des Jahres
auslaufen. Jetzt gibt es weitere 109 Millionen Euro von der grünen
Familienministerin Lisa Paus.
Das Geld fließt in Personalmittel für zusätzliche Sprachförderung.
Bundesweit werden so rund 7.000 Teilzeitstellen in den Kitas finanziert.
Berlin bekommt rund 13 Millionen Euro für über 300 Kitas.
Nun hat die Berliner Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), die auch
für die Kitas zuständig ist, bereits klar gemacht: Man will die Stellen
erhalten, auch wenn das Bundesprogramm ausläuft, das sei „ein Versprechen
an die Fachkräfte, die eine enorm wichtige Arbeit leisten“. Es sei aber
auch klar, „dass die fehlenden Mittel insgesamt eine Lücke reißen würden“.
Übersetzt auf den Kita-Alltag hieße das: Im Zweifel werden die Gruppen eben
größer, sodass man das Personal halten kann. Die Betreuungsqualität leidet
dann natürlich, Sprachförderung wird schwieriger – egal, ob die Person mit
der entsprechenden Fortbildung noch da ist oder nicht.
Das kann sich Berlin eigentlich nicht leisten, wenn man sich anschaut, wie
zum Beispiel die Ergebnisse der Viertklässler*innen im jüngsten
bundesweiten Bildungsranking abschnitten. Beinahe die Hälfte, 46 Prozent,
erreichen nicht die Mindeststandards in Rechtschreibung, 27 Prozent können
auch in der vierten Klasse nicht richtig lesen. Das hatte eine viel
beachtete Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen,
kurz IQB, im Oktober gezeigt. Der Vizepräsident der IHK sprach daraufhin
von einer „ernstzunehmenden Bedrohung für den Wirtschaftsstandort“Berlin.
## Konsequente Vorschulpolitik
Ob und wie gut jemand in der vierten Klasse Lesen und Schreiben kann,
entscheidet sich aber schon zu einem guten Teil in der Kita. Hamburg zum
Beispiel schnitt auffällig gut ab. Der Stadtstaat betreibt eine konsequente
Vorschulpolitik für Kinder, die im Kita-Alter durch einen verpflichtenden
Sprachtest fallen.
In Berlin hingegen bleibt ein solcher Sprachtest meist folgenlos – die
Kinder [3][landen trotzdem nicht in einer Kita oder in der
Sprachförderung]. Und zwar nicht, weil die Familien nicht wollen, sondern
weil es an einer verständlichen Ansprache seitens des Jugendamts oder
mitunter auch an Kitaplätzen in der Nähe mangelt.
Wenn der Bund das Projekt Sprachkitas nicht dauerhaft finanziert – und
darauf war es nie angelegt – muss das Geld aus dem Landeshaushalt kommen.
Dass die Bildungssenatorin erstmal versuchen muss, möglichst lange und
möglichst viel Geld vom Bund zu bekommen, bevor sie den eigenen
Finanzsenator dazu bewegen kann, selbst Geld in die Hand zu nehmen, nennt
man Haushaltspolitik.
Jede halbe Stelle für Sprachförderung ist wichtig, aber wenn sie anderswo
in der Kita eine Lücke reißt, wird der Effekt verpuffen. Und natürlich
müssen die Kinder, die es am dringendsten brauchen, auch überhaupt erstmal
in diesen „Sprachkitas“ ankommen. Es wäre eine Investition in die Zukunft.
12 Nov 2022
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