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Wenn die Schwergewichte in den Ring steigen, dann weiß man, dass es um
etwas Bedeutendes geht. Zuerst meldete sich Ex-Präsident Barack Obama und
gratulierte der Major League Baseball (MLB) dazu, „Haltung gezeigt zu
haben“. Da musste sein Nachfolger Donald Trump natürlich die Gegenposition
einnehmen und rief gleich dazu auf, „Baseball zu boykottieren“.
Was war passiert? Die MLB hatte sich entschlossen, das Allstar-Spiel und
den Draft, die Auswahl der Nachwuchstalente, nicht wie geplant in Atlanta
stattfinden zu lassen. Stattdessen sollen sich die besten Baseball-Profis
nun am 13. Juli in Denver zu ihrem Schaukampf treffen.
Der Grund: Die neu beschlossenen [1][Wahlgesetze im Bundesstaat Georgia],
die nach Ansicht der meisten Beobachter darauf zielen, vor allem
Minderheiten das Wählen zu erschweren und dadurch republikanische
Mehrheiten zu sichern. Der amtierende Präsident Joe Biden bezeichnete die
Gesetzgebung als „Jim Crow auf Anabolika“ und „Jim Crow für das 21.
Jahrhundert“, und MLB-Boss Rob Manfred sagte, man habe mit der Entscheidung
„unsere Werte demonstrieren wollen“.
Nun fragt man sich vielleicht: Die ganze Aufregung wegen eines einzigen
Baseball-Spiels? Finden davon nicht Tausende jedes Jahr statt? Ja,
allerdings ist das alljährliche Allstar-Spiel nicht nur ein Show-Event,
sondern auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Geschätzt über 100
Millionen Dollar Umsatz gehen der Stadt Atlanta durch die Absage der
lustigen Sause verloren – und diese Zahlen sind durch die pandemiebedingten
Einschränkungen sogar noch niedriger als sonst.
## Auch Coca-Cola und Delta Airlines drohen
Noch schwerer wiegt der Imageverlust für Atlanta. Die Absage ist vor allem
auch ein Symbol, das auf andere, sehr viel umsatzstärkere Branchen als den
Profisport ausstrahlt. Coca-Cola und Delta Airlines, die ihre
Konzernzentralen in Atlanta haben, haben bereits ihre Unzufriedenheit mit
den Wahlgesetzen zum Ausdruck gebracht und signalisiert, Investitionen und
Jobs aus Georgia in andere Staaten zu verlegen. 200 US-Firmen haben eine
Protestnote unterzeichnet. Trump drohte denn auch nicht nur der MLB mit
Boykott, sondern auch solchen „woken Unternehmen“.
„Woke“ zu sein, also besonders aufmerksam, was soziale Ungerechtigkeit und
Rassismus angeht, das konnte man der MLB bislang nun wirklich nicht
vorwerfen. Die Baseball-Liga gilt als [2][konservativste] der vier großen
Sportligen in den USA, ihr Publikum als sogar noch weißer und älter als
selbst das der Eishockey-Konkurrenz NHL. Immer wieder wird Kritik laut,
dass Minderheiten im Management und Trainerstäben unterrepräsentiert sind.
Tatsächlich blieb der MLB wohl keine andere Wahl, als das Allstar-Spiel in
Atlanta abzusagen. Nicht nur hatte der Chef der Spielergewerkschaft
bedeutungsschwanger angedeutet, dass „die Spieler sich der neuen Gesetze
sehr bewusst sind“, und einzelne Akteure hatten bereits angekündigt, der
Show in Atlanta fernbleiben zu wollen. Zudem war geplant, während der
Festivitäten den im Februar im Alter von 86 Jahren verstorbenen Hank Aaron
zu ehren.
Aaron, der nahezu ein Vierteljahrhundert für die Atlanta Braves spielte,
ist in die Baseball-Geschichte eingegangen als der Spieler, der als erster
mehr Homeruns sammelte als die mystische Legende Babe Ruth. Dafür musste
Aaron, der im Süden der USA aufgewachsen war, als dort noch die originalen
Jim-Crow-Gesetze herrschten, jahrelang rassistische Angriffe ertragen und
bekam säckeweise Todesdrohungen mit der Post. Dass Aaron die Anfeindungen
mit übermenschlicher Gelassenheit und großer Würde ertrug, machte ihn zu
einem Symbol für den Schwarzen Kampf um Gerechtigkeit.
Nun bleibt es abzuwarten, ob die Verlegung des Allstar-Spiels dazu
beitragen wird, das Erbe von Hank Aaron zu bewahren. Er selbst war
pessimistisch, ob der Sport wirklich eine politische Wirkung haben kann.
„Auf dem Spielfeld dürfen Schwarze Giganten sein“, sagte er einmal. „Aber
wenn sie nicht mehr spielen, hat das ein Ende und sie können wieder am
Ende des Busses sitzen.“
7 Apr 2021
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