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Bremen taz | Rund 50 Menschen demonstrierten am internationalen
Frauen*Kampftag stundenlang vor dem Amtssitz des Innensenators Ulrich
Mäurer (SPD), unter ihnen viele schwarze Mütter mit ihren Kindern. Sie
protestieren gegen „strukturellen Rassismus“, sie kämpfen dafür, dass ihre
Babys endlich Geburtsurkunden und sie selbst – in der Folge – endlich eine
Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bekommen.
Ihr Protest dauert nun schon viele [1][Monate.] „Es gibt Gerüchte, dass
sich die Situation seit unseren letzten Aktionen verbessert hat“, heißt es
in dem Aufruf des Bündnisses [2][“Together we are Bremen“]. „Aber Gerüchte
sind nicht wahr“, heißt es weiter. Die Demonstrant*innen werfen dem
Bremer Standesamt vor, schwarzen Müttern pauschal zu unterstellen, sie
seien anderweitig verheiratet. In der Auseinandersetzung geht es vor allem
um jene schwarze Frauen, die einen deutschen Partner haben, mit dem sie
nicht verheiratet sind, der aber die Vaterschaft anerkannt hat. Doch nach
deutschem Recht ist erst einmal derjenige der Vater eines Kindes, der mit
der Mutter verheiratet ist.
Das Migrationsamt weigere sich, ohne eine Geburtsurkunde die deutsche
Staatsangehörigkeit der Kinder festzustellen und damit auch der Mutter eine
Aufenthaltserlaubnis in Bremen zu erteilen, so der Vorwurf der
Demonstrant*innen. Die Frauen fordern, dass dafür eine
Vaterschaftsanerkennung genügt.
Diese reiche in Bremen aber oft nicht dafür aus, dass ein hier geborenes
Baby hier auch eine Geburtsurkunde bekomme, kritisiert das Bündnis. Das hat
schwerwiegende Folgen für die Betroffenen: „Keine Geburtsurkunde zu haben
ist so, als würde ein Kind nicht existieren“, sagt eine von ihnen. „Mein
Kind hat keine Krankenversicherung“ – dabei ist es schon sieben Monate alt.
In der Praxis seien Kind und Mutter von Umverteilung oder gar Abschiebung
bedroht, so das Bündnis.
Dabei hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) gerade im Sinne der
Protestierenden entschieden: Es urteilte zugunsten einer aus Ghana
stammenden Frau. Schon das Verwaltungsgericht (Aktenzeichen 4 V 1713/20)
hatte festgestellt, dass es gar nicht auf die Existenz einer Geburtsurkunde
ankommt, sondern allein auf die wirksame Anerkennung der Vaterschaft durch
einen Deutschen. Dem schloss sich nun auch das OVG an (Aktenzeichen 2 B
335/20).
## Die Forderungen der Ämter sind „unzumutbar“
Ob der Anerkennende auch der biologische Vater sei, befand das Gericht für
„unerheblich“: Für den Staatsangehörigkeitserwerb von Kind und Mutter
„kommt es nur auf die rechtliche Vaterschaft an“. Nur wenn „zumindest
konkrete Anhaltspunkte“ für eine Ehe vorhanden seien, müsse die Mutter
nachweisen, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt unverheiratet war. „Der
Mutter quasi ins Blaue hinein den nur schwer zu führenden „Negativbeweis“
aufzuerlegen, dass sie in ihrem Heimatland nicht verheiratet ist oder war,
wäre eine unzumutbare Anforderung“, stellte das OVG klar. Der Hinweis der
deutschen Behörden, dass sich „in einer Vielzahl“ anderer Verfahren
ghanaischer Mütter herausgestellt habe, dass diese in Ghana verheiratet
waren, reicht dem Gericht nicht.
Das Innenressort weist den Vorwurf des Rassismus erneut zurück: Es gehe
nicht um das fehlende Vertrauen in Personen, sondern um das fehlende
Vertrauen in die Urkunden eines Landes, so die Sprecherin. Sie verweist auf
30 Länder, deren Urkundenwesen vom Auswärtigen Amt als „unsicher“
eingestuft werde: Nigeria und Ghana gehörten dazu, Sri Lanka und Myanmar.
Die Standesbeamt*innen seien gesetzlich verpflichtet, den Sachverhalt
vor der Beurkundung einer Geburt „umfassend aufzuklären“, sagt das
Innenressort. Werde nur die Vaterschaftsanerkennung vorgelegt, müsse sich
das Migrationsamt „in der Praxis davon überzeugen“, dass die Erklärung
wirksam erklärt worden sei.
Zugleich betont die Behörde ihr Interesse an einer „möglichst zeitnahen
Beurkundung“ der Geburt und befindet einen Zeitraum von sechs Monaten als
„noch angemessen“. Einige der Betroffenen warten nach eigenen Angaben schon
über ein Jahr und verlangen eine sofortige Beurkundung. „Ist das je einer
weißen Frau passiert?“, fragen sie. „Nein!“ Dafür gebe es nur einen Grund:
„Rassismus“.
Die Behörden seien weiter an einem „sachlichen, konstruktiv kritischen
Austausch“ interessiert, sagt deren Sprecherin, der Dialog werde
fortgesetzt. Die protestierenden Mütter kündigten derweil neue, noch
längere Demos an. Für die gestrige Protestaktion hatte das Bündnis zunächst
allerlei Auflagen erteilt. Das [3][Verwaltungsgericht] stellte jedoch in
einem Urteil klar, dass die Demonstrant*innen selbst über „Art und
Umstände“ ihrer Versammlung zu bestimmen“ hätten und nannte die Auflagen
„unverhältnismäßig“.
8 Mar 2021
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