|
Berlin taz | Die Drohung der [1][Lufthansa], trotz staatlicher Hilfen
22.000 der weltweit 135.000 Stellen zu streichen, sorgt für große Empörung.
Die Grünen fordern Nachverhandlungen, die Gewerkschaften eine
Beschäftigungssicherung.
Zuvor hatte die Fluglinie [2][nach einem Treffen mit VertreterInnen der
Beschäftigten] neue Schätzungen zum künftigen Personalbedarf vorgelegt.
Langfristig soll die Flotte von 860 Maschinen um 100 Flugzeuge schrumpfen.
„Dies entspricht rund 10.000 Vollzeitstellen“, sagte
Lufthansa-Arbeitsdirektor Michael Niggemann. Hinzu kämen „Überhänge“ etwa
in der Verwaltung, sodass die Airline weltweit rund 22.000 Vollzeitstellen
weniger haben werde – die Hälfte davon in Deutschland. „Damit es nicht zum
Stellenabbau kommt, müssen jetzt Lösungen mit unseren Sozialpartnern
vereinbart werden, beispielsweise durch das kollektive Absenken der
Wochenarbeitszeit“, sagte Niggemann.
Bislang war die Rede von 10.000 Stellen, die durch die Coronakrise bei der
Lufthansa gefährdet seien. Die Pandemie macht der Fluglinie schwer zu
schaffen. Seit Mitte März steht der Großteil der Flugzeuge weltweit in
Hallen oder auf Flugfeldern. Die Bundesregierung hilft der Lufthansa mit
einem Rettungspaket von 9 Milliarden Euro, unter anderem in Form einer
staatlichen Beteiligung – aber, anders als etwa der französische Staat der
Air France, [3][ohne Auflagen].
„Die Bundesregierung sollte sich angesichts der neuesten Entwicklungen
dringend noch einmal mit der Lufthansa an einen Tisch setzen und das
Rettungspaket nachverhandeln“, forderte Anton Hofreiter. „Die
Bundesregierung sollte das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
dafür einsetzen, das Unternehmen sozial und ökologisch umzubauen und ein
nachhaltiges und zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren“, sagte der
Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Nach Auffassung der
Linkspartei rächt sich jetzt, dass die Bundesregierung Hilfen für die
Lufthansa zugesagt hat, ohne ein Mitspracherecht zu beanspruchen und ohne
Bedingungen zu stellen. „Da, wo der Staat mit Steuergeld Konzernen unter
die Arme greift, muss er als Interessenvertretung der Bevölkerung auftreten
und nicht als stiller Diener der Wirtschaft“, sagte der
Linkspartei-Vorsitzende Bernd Riexinger.
## Cockpit und Ufo sind verzichtsbereit
Die Pilotenvereinigung Cockpit will auf 350 Millionen Euro Gehaltszahlungen
an ihre Mitglieder verzichten. „Für den einzelnen Piloten bedeutet dies
einen Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent“, sagte Cockpit-Präsident
Markus Wahl. Eine Verwendung dieses Beitrags zur Auslagerung von
Arbeitsplätzen zu schlechteren Bedingungen wäre völlig inakzeptabel,
betonte er.
Die Kabinengewerkschaft Ufo ist zu einer Nullrunde bei den nächsten
Tarifverhandlungen sowie zur Senkung des Stundenzuschlags für besonders
lange Flüge bereit. Im Gegenzug erwarte man Kündigungsschutz für alle
MitarbeiterInnen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat im Gegensatz zu
Cockpit und Ufo kein konkretes Verzichtsangebot gemacht. Verdi fordert eine
verbindliche Beschäftigungssicherung. „Wir sind uns der schwierigen
finanziellen Situation natürlich bewusst, erwarten aber auch substanzielle
Sanierungskonzepte über das reine Sparen beim Personal hinaus“, sagte
Verdi-Vizechefin Christine Behle.
11 Jun 2020
## LINKS
|