# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

> Der Kapitalismus hat’s vermasselt und Neonazis haben Schwabbelbäuche.
> Außerdem warten Merkel und Seehofer auf ihren Siehste!-Moment.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 

Friedrich Küppersbusch: Fußball interessiert mich nicht.

Und was wird besser in dieser? 

Wecken Sie mich nächste Saison.

BMW enteignen, Wohneigentum begrenzen, Kapitalismus überwinden – Kevin
Kühnert hat mit seinem Zeit-Interview eine heftige Debatte ausgelöst. Haben
Sie auch Angst, dass er bald die Mauer hochzieht? 

Ein Highlight der Debatte war, wie Spiegel online als „vermutlich
bekanntestes deutsches Mitarbeiter-Unternehmen“ Photo Porst exhumiert, das
nach der Kollektivierung zügig „tief in rote Zahlen rutschte“ und bald
„Konkurs anmelden musste“. Tief hinter Werbung, Leser-Poll und
redaktionellen Hinweisen kauert der Alibi-Satz, dass der Spiegel selbst zu
51 % eine Mitarbeiter-KG ist. Man könnte das Blatt, die Commerzbank,
Volkswagen und immer gerne die taz auch als Belege anführen, dass
Mitarbeiter, Genossen, der Staat es nicht schlimmer vergeigen als „der
freie Markt“. Der besteht eh zur Hälfte aus Staatswirtschaft: In den
Industrienationen beträgt der Anteil staatlicher Investitionen,
Staatsverbrauch und Transfers zwischen 35 und 55 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes. In Deutschland kommen derzeit 44,5 Cent jedes
umgesetzten Euros vom Staat. Halbe DDR.

Kurz: Die Frage ist nicht, ob das Gemeinwohl an der Wirtschaft teilhat,
sondern – ob es dafür auch etwas zurückbekommt. Wohnen, Wasser, Nahrung,
Gesundheit, Bildung, Daten, Verkehr: Zurzeit beint der Profit die
gesellschaftlichen Aufgaben aus; und von Wohnungsmangel bis Pflegenotstand
zeigt er – er kann’s nicht. Auch BMW verschnuckerte etwa die staatliche
Abwrackprämie und bastelte derweil Betrugssoftware. Doch hinter plakativen
Beispielen lauert die anstrengende Arbeit, praktikable Modelle zu
entwickeln. Wollen Mitarbeiter lieber Lohnerhöhung als abstrakte Anteile?
Müssen sie ihren Mitbesitz aufgeben, wenn sie die Firma wechseln? Ich habe
mit solchen Fragen Rechtsanwälte durchsubventioniert und keine Lösung
bekommen.

Am 1. Mai marschierten in Plauen die Neonazis vom Dritten Weg: uniformiert,
mit Fackeln und führten Volkstänze auf. Die Polizei konnte keine Verstöße
erkennen. Also alles harmloser Ringelpiez mit Anfassen? 

In Duisburg kam es beim Märschlein der sich mit einer Partei verwechselnden
„Rechten“ zu strafbaren Gesängen („In unseren Herzen sind wir, damals wie
heute, Hitler-Leute“) und 23 Strafanzeigen. Davon 21 gegen linke
Gegendemonstranten. Daneben ermittelt die Polizei auch gegen sich selbst,
nachdem in einem Einsatzfahrzeug ein Aufkleber der „Identitären“ an der
Sonnenblende entdeckt wurde. Die Bilder aus Plauen zeigen Uniformierung mit
grünbräunlichen Einheits-Shirts und werfen beiläufig die Frage auf, ob die
Naziszene ein Adipositas-Problem hat. Lageeinschätzung der Polizei: Man
habe sich nicht „eingeschüchtert“ gefühlt und damit keine Rechtsgrundlage
für Verbote gehabt. Mit sehr viel Wohlwollen mag man eine Polizeistrategie
dahinter vermuten; ein paar hundert Schwabbelnazis dürfen sich in
improvisierten Freilaufgehegen blamieren, alle Welt fotografiert und
schimpft. Nüchtern gesehen ist diese Strategie von Begünstigung nicht zu
unterscheiden.

Die Kanzlerin stellt sich gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Orbán
und schließt eine Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Parteien nach der
Europawahl aus. Was sagt Horst Seehofer dazu, dessen CSU sich ja bisher gut
mit Orbán stand? 

Beide erwarten einen hübschen Misserfolg bei der Europawahl; je
unsichtbarer Merkel und Seehofer im Wahlkampf sind, desto glaubwürdiger
können sie hinterher auftrumpfen. Merkel wird den ihr unliebsamen Weber
los, Seehofer hat mal wieder alles besser gewusst als Söder. Agenda ist
eine Kabinettsumbildung nach der Wahl; bei Bildung, vielleicht Verteidigung
und – kommt Friedrich Merz? – im Wirtschaftsministerium werden Wechsel
publizistisch vorbereitet. Die beiden Veteranen können das Gemetzel um
Orbán beobachten und ihre Startpositionen für die Insolvenzverwaltung
verbessern.

Das Innen- und Heimatministerium beantragt nachträglich 61 Millionen Euro,
um das Jubiläum zu 30 Jahren deutscher Einheit im kommenden Jahr
auszurichten. Unklar bleibt, ob sie sich verkalkuliert haben oder das
Jubiläum schlicht vergessen haben. Gehört ja auch irgendwie gar nicht so
richtig zur Heimat, der Osten, oder? 

Der Finanzminister darf solche „überplanmäßige Ausgaben“ nur in definierten
Fällen bewilligen. Woraus sich ergibt, dass der „Tag der Deutschen Einheit“
2020 in einer Liga mit „Naturkatastrophen“ spielt.

Und was machen die Borussen? 

De mortibus nihil nisi. Im Übrigen plädiere ich auf die Auslobung des
Robert-Schlienz-Pokals für die behämmertste Elfmeter-Entscheidung der
Saison. Spieler, die versehentlich einen Arm haben, müssen jederzeit mit
Ahndung aus dem Kölner Keller rechnen. Schlienz war Idol beim VfB Stuttgart
in den 50ern, er schaffte noch drei Berufungen in die Nationalmannschaft,
nachdem er bei einem Autounfall den Unterarm verloren hatte. Fragen: AFRO

5 May 2019

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Friedrich Küppersbusch
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