# taz.de -- taz-Serie Was macht eigentlich…? (Teil 8): Bloß nicht in meinem Garten

> Im Süden Blankenburgs, dem bald womöglich größten Neubaugebiet Berlins,
> liegen die Nerven bei Kleingärtnern und Anwohnern blank.
Ines Landgrafs Lächeln wirkt zumindest siegesgewiss, als sie ein Café im
Zentrum der Stadt betritt. Der Arbeitsplatz der resoluten und stets
freundlichen Frau befindet sich in der Nähe, ihr Wohnort dagegen weiter
draußen. Ines Landgraf wohnt im Süden des Stadtteils Blankenburg. Dort hat
sie ein Grundstück gepachtet, außerdem ist sie im Vorstand des Vereins
Garten- und Siedlerfreunde Anlage Blankenburg. Die Anlage ist mit 1.400
Parzellen eine der größten der sogenannten Mischanlagen Deutschlands. Hier
stehen Gartenlauben neben Wohnhäusern, und zwar auf Eigentums- wie
Pachtgrundstücken.

„Wir haben einen Teilerfolg errungen“, sagt Landgraf stolz. In der dritten
Dezemberwoche hat das Bezirksamt Pankow beschlossen, dass der
Investitionsschutz, eine Art Kündigungsschutz für Pächter, nicht wie
geplant 2022 auslaufen soll, sondern erst 2030. Indirekt bekräftigt der
Bezirk damit, dass entgegen den Plänen des Senats für Stadtentwicklung in
Blankenburg nicht 10.000, sondern maximal 6.000 Wohnungen entstehen
sollten. Damit wäre die Kuh vom Eis, die Anlage gerettet.

2018 machte der Süden Blankenburgs in vielen Medien Schlagzeilen, denn hier
soll eines der größten Neubaugebiete der Stadt entstehen. Ein
Bürgerbeteiligungsverfahren für die Anwohner wurde anberaumt, doch im März
verkündete Senatorin Katrin Lompscher (Linke) bei der Auftaktarena des
Verfahrens, dass hier weitaus mehr Wohnungen entstehen könnten, und zwar
nicht wie geplant nur auf den Rieselfeldern.

Auch die Anlage Blankenburg, so Lompscher, könnte für Wohnungen und neue
Verkehrswege abgerissen werden, die Wohnungen würden dringend benötigt in
der wachsenden Stadt. Wortwörtlich hieß es in den Plänen: „In den
Erholungsanlagen wird die derzeitige Nutzung aufgegeben zugunsten eines
Wohngebiets. Für die bisherigen Nutzerinnen und Nutzer, deren Grundstücke
von der Umgestaltung betroffen sind, werden im Dialog mit ihnen sozial
verträgliche und individuelle Ersatzangebote erarbeitet.“

## In der vierten Generation

Die Bewohner der Erholungsanlage reagierten – natürlich – empört. Es war
von „Wortbruch“ und „Verarschung“ die Rede, bis zum heutigen Tag hängen am
Rand der Anlage Transparente an den Hecken, auf denen markige Sprüche wie
„Achtung! Lompschzilla“ stehen. Lompscher, die schon damals scharf
kritisiert wurde, nicht genug zu bauen, hatte ein Problem. Schwer
vorstellbar, wie „sozialverträgliche Entschädigungen“ funktionieren sollen,
wenn manche Menschen in der Anlage Blankenburg bereits in der vierten
Generation leben. Wenn sich die Leute dort ein funktionierendes Dorfleben
aufgebaut haben.

Anders als in vielen Kleingärten, wo es bis zur Anzahl der angebauten
Kohlköpfe Vorschriften gibt, geht es in der Erholungsanlage in Blankenburg
bunt und lustig zu. Hier haben sich Menschen mit viel Eigeninitiative ein
winziges Stück vom Paradies erobert, das sie sich woanders eher nicht
hätten leisten können. Wie soll man so etwas bewerten, wenn man es
verkaufen müsste?

Seit der Auftaktveranstaltung mit Lompscher geht auch die AfD verstärkt auf
Stimmenfang im Süden Blankenburgs. Die Partei nutzt seit 2017 ein
ehemaliges Restaurant im Kern des alten Dorfs Blankenburg als
Wahlkreisbüro, im Mai 2018 kam es zu einer Fahrraddemo der Antifa, um gegen
die Vereinnahmung der Proteste durch die AfD zu protestieren. Ines Landgraf
kann dieses Vorgehen der AfD bestätigen. „Die AfD findet in Blankenburg
derzeit viele Frustrierte und Verängstigte, die anfällig sind für einfache
Welterklärungen und Feindbilder.“

## „Frühestens Sommer 2019“

Andererseits habe die AfD kürzlich eine Veranstaltung im Vereinsheim der
Anlage angefragt und sich einen energischen Korb eingefangen, berichtet sie
stolz. Und erzählt dann von vielen Menschen in ihrem Umfeld, die sich nicht
ins Bockshorn jagen lassen, die sich sehr genau über ihre Rechte und
Chancen informieren, zum Beispiel in einer Sprechstunde der
Senatsverwaltung, die seit dem Herbst zweimal in der Woche in Blankenburg
stattfindet.

Wie der Senat auf den „Ratschlag“ des Bezirks reagieren wird? Das steht
noch in den Sternen. Auf Anfrage der taz heißt es, es sei „von Anfang an
geplant“ gewesen, ein neues Stadtquartier mit 5.000 bis 6.000 Wohnungen zu
errichten. Im März seien lediglich „drei Planungsvarianten vorgestellt“
worden, „in die weitere Flächen miteinbezogen wurden“, so die Sprecherin
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Dietl. Man
befinde sich „derzeit noch in der erste Stufe der vorbereitenden
Untersuchungen“, und diese seinen „frühestens im Sommer 2019
abgeschlossen“.

Die „konkreten Betroffenheiten“ würden erst danach ermittelt.

9 Jan 2019

## AUTOREN
Susanne Messmer
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