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Berlin taz | Bereits vor zwei Wochen, am 14. September, zogen sie nach
einer „Pro Chemnitz“-Kundgebung los. Sten E., Christian K., Martin H.,
Marcel W. und Sven W. sollen Quarzhandschuhe und Glasflaschen getragen
haben, auch ein Elektroschockgerät. Auf der Schlossteichinsel
„kontrollierten“ sie zusammen mit anderen Rechtsextremen dort Anwesende,
sollen Ausweise verlangt haben.
Als sie auf eine Gruppe aus Deutschen, Iranern und Pakistanern trafen,
schlugen sie zu. Ein Mann wurde mit einer Glasflasche auf den Kopf
getroffen. Als Bürgerwehr hätten sich die Neonazis ausgegeben, sagten
damals Augenzeugen. Es war eine Machtdemonstration.
Für die Bundesanwaltschaft war es mehr: Sie ließ am Montagmorgen sechs
Männer festnehmen, durchsuchte in Sachsen und Bayern mit mehr als 100
Beamten mehrere Wohnungen. Es bestehe der Verdacht, dass sich die Männer
spätestens seit dem 11. September als rechtsterroristische Gruppe
zusammengeschlossen hätten, teilte die oberste Anklagebehörde in einer
Mitteilung mit. Der Übergriff auf der Chemnitzer Schlossteichinsel sei
dabei ein „Probelauf“ gewesen.
Seit Ende August, als mutmaßlich eine Gruppe Flüchtlinge den Chemnitzer
Daniel H. erstachen, kam es in der sächsischen Stadt zu rechten
Demonstrationen und Ausschreitungen. Die jetzt Festgenommenen sollen
weitere Pläne gehabt haben, so die Bundesanwaltschaft. Als
rechtsterroristische Gruppe „Revolution Chemnitz“ hätten diese sich
zusammengeschlossen. Ihr Ziel: „gewalttätige Angriffe und bewaffnete
Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende“. Ins Visier genommen
habe die Gruppe auch Parteipolitiker und gesellschaftlich Engagierte. Die
Männer hätten sich bereits bemüht, halbautomatische Schusswaffen zu
besorgen.
Die nächste Aktion habe unmittelbar bevorgestanden: Jetzt am 3. Oktober,
dem Tag der Deutschen Einheit. Was genau dort geplant gewesen sei, sei aber
noch nicht näher aufgeklärt, so die Ermittler. Nun werden die Neonazis dem
Haftrichter des Bundesgerichtshof vorgeführt.
Anführer soll der 31-jährige Christian K. gewesen sein. Er sitzt bereits
seit dem Angriff auf der Schlossteichinsel in U-Haft. Sechs weitere Männer,
20 bis 30 Jahre alt, hätten sich um K. zusammengefunden. Die Männer hätten
der Chemnitz Neonazi- und Hooligan-Szene angehört und sich als „führende
Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden“, so die
Ermittler.
Bereits seit dem 21. September habe man gegen die Gruppe ermittelt, teilte
die Bundesanwaltschaft mit. Zunächst wegen des Verdachts der Bildung einer
kriminellen Vereinigung. Dann hätten sich „tatsächliche Anhaltspunkte dafür
ergeben, dass die Vereinigung eine terroristische Zielsetzung verfolgt“.
Schon in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass
die Bundesanwaltschaft nach den rechten Ausschreitungen in Chemnitz eine
„Prüfung“ der dortigen „Geschehnisse“ eingeleitet hat. Nun wird das
Ergebnis öffentlich.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und
Noch-Verfassungsschutzchef [1][Hans-Georg Maaßen hatten die Ausschreitungen
in Chemnitz zuletzt noch relativiert]. Nun ergibt sich womöglich nochmal
ein anderes Bild.
1 Oct 2018
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