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Der [1][eitle Zonenpfaffe] Joachim Gauck, der es dank der [2][Schnapsidee]
eines früheren Mitglieds des Kommunistischen Bundes – na gut, sagen wir:
dank einer glücklichen [3][Fügung] – zum Bundespräsidenten geschafft hat,
redet vor dem Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen, kann es aber nicht
unterlassen, wieder über sein Lieblingsthema zu sprechen: über sich.
Dem veröffentlichten [4][Manuskript] zufolge sagt er bei seiner [5][Rede]
zum 20. Jahrestags des Rostocker Pogroms 22mal das Wort „ich“. Das klingt
dann beispielsweise so: „Wo blieb die Staatsmacht, fragte ich mich. Wo
blieben ausreichende Polizeikräfte, die imstande gewesen wären, die
Gewalttäter festzunehmen, die aggressive Menge zu zerstreuen und
Menschenleben zu schützen?“
Wer sich an die Zeit erinnert, wird zurückfragen: Wann hat er sich das
gefragt? Und: Wo? Ein öffentlicher Satz des gebürtigen Rostockers, der in
jenen Jahren vom Menschen zur Behörde mutierte und für sich die Rolle des
DDR-Chefinterpreten reklamierte, zum täglichen Ausländerklatschen in der
Zone ist nicht überliefert.
Seine [6][Rede] vom Sonntag wird er nicht selbst geschrieben haben. Und
doch gibt es einige Stellen, bei denen sich der Verdacht aufdrängt, als
hätte Gauck da selbst letzte Hand angelegt. Hier etwa: „Es erzürnt mich
[…], dass Anwohner den Mob anfeuerten, die Gewalttäter vor der Polizei
schützten und klammheimliche Freude darüber empfanden, dass es ’den
Ausländern mal so richtig gezeigt wird‘ – dabei handelte es sich um
Menschen, die selber Opfer unguter Umstände waren.“
Selten war diese, aus dem [7][Brief] des Göttinger [8][„Mescalero“]
stammende und längst zur Phrase geronnene Formulierung so dämlich
platziert. Denn dem Rostocker Pack kann man [9][vieles] vorhalten, aber
gewiss nicht, nur „klammheimlich“ Freude empfunden zu haben.
Aber Gauck hält dieses Leute ja heute noch für Opfer, womit er unfreiwillig
seine Frage beantwortet, warum die Staatsmacht seinerzeit [10][nicht]
eingriff: weil es ein politisches Interesse gab, das Grundrecht auf Asyl
einzuschränken und dafür die noch zögernde sozialdemokratische Partei
weichgekocht werden musste, was bald danach auch gelang. Deshalb war man im
August 1992 nur zu gern bereit, für das mordlüsterne Pack jede Menge
Verständnis aufzubringen und darin „Opfer unguter Umstände“ zu erkennen –
Opfer der „Überfremdung“, Opfer der DDR, Opfer der Arbeitslosigkeit.
Gaucks Rede war die wohl verlogenste zur Sache seit dem [11][Auftritt] des
ehemaligen [12][Wehrmachtsoffiziers] Richard von Weizsäcker im November
1992 in Berlin.
## Und jetzt zu Armstrog
Anderes Thema: Der siebenfache Toursieger Lance Armstrong soll wegen
Dopings seine Titel [13][abgeben]. Fragt sich bloß: [14][An wen?] Und:
Warum? Hochleistungssport ist nämlich weder gesund noch natürlich, sondern
die Dressur des menschlichen Körpers zu Leistungen, zu denen er sonst nicht
imstande wäre. Dafür braucht es Maßnahmen und Medikamente, von denen einer
willkürlichen (und wechselnden) Definition zufolge manche erlaubt sind und
andere nicht.
Im Wunsch nach einem „sauberen Sport“ steckt, so [15][schrieb] Martin Krauß
einmal, „die Vorstellung, der menschliche Körper sei von Natur aus schön,
kräftig und leistungsstark und dürfe nicht durch üble gesellschaftliche
Einflüsse beeinflusst, gar verändert werden“.
Dabei gehört es zum Wesen der bürgerlichen Gesellschaft, Menschen zu
unnatürlichen Dingen zu trimmen. Nirgends wird das offensichtlich wie im
Leistungssport. Und gerade deshalb soll der Sport als unverfälscht
erscheinen, wo der Alltag alles andere als drogenfrei ist: Betablocker und
Prozac, mit denen man sich fit für den Beruf macht, Bier, Viagra und
Kokain, die das Vergnügen vergnüglicher machen, Nikotin, Vitamin und
Aspirin für Zwischendurch.
Das ist nicht immer schlimm. Es gehört zu den Vorzügen der bürgerlichen
Gesellschaft, die Zwänge der ersten Natur eingeschränkt zu haben. Aber
welche Stimulanzien als zulässig gelten und welche nicht, wird von Zufall
bestimmt. Nur zugeben will man das nicht.
Besser: Gauck hält die Klappe. Und Armstrong bleibt Toursieger.
28 Aug 2012
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