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„Du warst halt immer besser, besessener“, verbeugt sich Sohn Götz vor
seinem Vater, dem wahren „George“. Was muss in einem Schauspieler vorgehen,
der seinen eigenen Vater spielen, huldigen und gleichzeitig kritisieren
soll?
Götz George scheint diese Frage jedenfalls nicht gerne zu beantworten oder
nur mit dem für ihn typischen Gestotter. Auch mit seiner Aussage „Ich kann
mich eben nur durchs Mittelmaß durchwurschteln“, zeigt sich der
mittlerweile selbst zur Schauspielgröße Herangewachsene fast schon
übertrieben devot.
Joachim Langs Fernsehfilm, der am 22. Juli auf Arte und am 24. Juli in der
ARD ausgestrahlt wird, kann eher als die Aufarbeitung einer
Vater-Sohn-Beziehung verstanden werden, als eine kritische Ausleuchtung
einer streitbaren Schauspielerkarriere, die sich während des NS-Regimes
erst entfalten konnte. Es geht weniger um Diktatur als um ein nicht zu
meisterndes künstlerisches Diktat.
## Abarbeitung als Antriebskraft
Als Heinrich George 1946 mit 52 Jahren im sowjetischen
Kriegsgefangenenlager Sachsenhausen stirbt, ist Sohn Götz acht Jahre alt.
Die Abarbeitung an der schwergewichtigen Vaterfigur ist seitdem
Antriebskraft des als „Tatort“-Kommissar berühmt gewordenen Schauspielers.
Zu seinem 75. Geburtstag scheint sie mit der Verkörperung des Übervaters
stärker denn je. In „George“ übernimmt er nämlich gleich drei wesentliche
Figuren: die Rolle des Vaters, des Sohnes und, gemeinsam mit seinem Bruder
Jan, die eines Zeitzeugen – ein emotionaler und schauspielerischer
Kraftakt, für den man ihm Respekt zollen muss.
Regisseur Joachim Langs Auseinandersetzung mit Heinrich George begann
bereits vor zwölf Jahren, als er für das Dokudrama über die „Jud
Süß“-Prozesse gegen Veit Harlan das Drehbuch schrieb. Heinrich George hatte
in dem antisemitischen Hetzfilm mitgespielt. Ebenfalls als Dokudrama
konzipiert, mischt er in „George“ Historisches und Gegenwärtiges, Doku mit
Spielfilm, um nicht Gefahr zu laufen, ein zu einseitiges Bild der
Vergangenheit zu reproduzieren. Trotz dieses Materialreichtums gelingt es
dem Regisseur leider nicht, ein scharfes Bild Heinrich Georges zu zeichnen,
eher sieht man ihn mit den Augen eines bereits altersmilde gewordenen
Sohnes.
## Von Brecht zu Goebbels
Als Sympathisant der kommunistischen Partei wird George in den zwanziger
Jahren zunächst Ziehkind linker Theatermacher wie Bertolt Brecht und Erwin
Piscator, um dann, pünktlich zur Machtergreifung Adolf Hitlers, die Seite
zu wechseln. Obwohl er zu dieser Zeit noch überzeugt ist, dass das
„Antisemitismus-Gequatsche“ bald vorbei sein würde, übernimmt er bald
Rollen in NS-Propagandafilmen wie „Hitlerjunge Quex“, „Jud Süß“ oder
„Kolberg“.
Von Joseph Goebbels, im Film gespielt von Martin Wuttke, wird er
schließlich persönlich in den Theaterhimmel gehoben: Der große „George“
wird Intendant des Schiller-Theaters und ergibt sich somit Goebbels’
zynischem Motto, wonach es einfacher wäre, Künstler zu Nationalsozialisten
zu machen, als Nationalsozialisten zu Künstlern. Vom sowjetischen
Geheimdienst NKWD wird er nach 1945 schließlich als künstlerischer
Repräsentant des NS-Regimes verurteilt.
An der Frage nach Schuld und Mittäterschaft führt in diesem Film, so sollte
man meinen, kein Weg vorbei. Und dennoch fühlt man sich um die Antwort,
oder zumindest die Suche danach, betrogen. George spielt den Vater als
zerstreuten, naiven und besessenen Künstler und vergisst dabei, die
Schuldfrage zu stellen. Der Sohn will seinem Vater und künstlerischen
Vorbild lieber ein Denkmal setzen, als ihn vom Thron zu stürzen.
Mit dem ARD-Sendetermin hat der Sohn deshalb auch ein Problem. Er hatte
darum gebeten, dass der Film nicht zu seinem, sondern zum 120. Geburtstag
des Vaters am 9. Oktober ausgestrahlt werde. Die ARD erweist aber lieber
dem Sohn die Ehre.
22 Jul 2013
## AUTOREN
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