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Berlin taz | Zwei Tage nach der Abwahl von Kevin McCarthy als Sprecher des
US-Repräsentantenhauses bekunden die ersten republikanischen Kandidaten –
bislang ausschließlich Männer – Interesse daran, seine Nachfolge
anzutreten. Bis zum kommenden Dienstag sollen Kandidaturen angemeldet
werden, spätestens am Mittwoch will die republikanische Mehrheitsfraktion
dann wählen.
Erwartungsgemäß war Fraktionschef Steve Scalise aus Louisiana, die
bisherige Nummer zwei hinter dem [1][nunmehr abgewählten McCarthy], der
Erste, der seine Ambitionen kundtat. Der 57-Jährige, der sich derzeit einer
Blutkrebsbehandlung unterzieht, schrieb in einem Brief an seine
Fraktionskolleg*innen, er sei sich der Herausforderungen bewusst, die vor
ihm lägen, doch habe er schon in der Vergangenheit Widrigkeiten überwunden
und wisse, worauf es beim Kämpfen ankomme. Er sei bereit für die Schlacht.
Scalise hat mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, seit er [2][2017 bei
einem Attentatsversuch angeschossen] wurde, was ihn national bekannt
machte. Das nutzt er jetzt für seine Bewerbung.
Als er damals 15 Wochen im Krankenhaus gelegen habe, habe ihn die Aussicht,
„wieder mit Ihnen allen arbeiten zu dürfen“, motiviert, wieder gesund zu
werden, schreibt er in seiner Bewerbung. Er sei oft gefragt worden, warum
er zurück in einen Job wolle, der ihn fast das Leben gekostet hätte. „Aber
das war nie eine Frage für mich: Ich liebe dieses Land, und ich glaube
daran, dass wir hierhergeschickt wurden, um zusammen die großen
Herausforderungen zu bewältigen.“
Solche Rhetorik aber verfängt nicht bei allen. Ein Mitglied des Freedom
Caucus, der wichtigsten Rechts-außen-Gruppierung innerhalb der Fraktion,
kommentierte gegenüber NBC, Scalise sei kein Stück besser als McCarthy.
## Gaetz unterstützt Scalise
Aus dem Freedom Caucus stammten auch die meisten derjenigen Rebellen, die
im Januar ein ums andere Mal die Wahl Kevin McCarthys verhinderten und so
ein [3][mühsames Prozedere aus 15 Wahlgängen] erzwangen. Außerdem ist Jim
Jordan Teil des Freedom Caucus. Der Abgeordnete aus Ohio, derzeit
Vorsitzender des Justizausschusses, scheint ebenfalls Interesse an der
McCarthy-Nachfolge anzumelden – allerdings bislang, anders als Scalise,
noch nicht mit einer ausformulierten Bewerbung, sondern mit einem
schlichten „Ja“ auf entsprechende Reporterfragen.
Wer allerdings auch immer die Führung übernimmt, sieht sich sofort mit den
gleichen Fragestellungen konfrontiert wie sein Vorgänger.
McCarthy war auf Antrag des republikanischen Abgeordneten Matt Gaetz mit
den Stimmen von acht republikanischen und aller demokratischen Abgeordneten
abgesetzt worden. Die Abtrünnigen aus den eigenen Reihen nahmen ihm übel,
dass er in der Vorwoche einen Kompromiss zur Weiterfinanzierung der
US-Bundesregierung bis zum 17. November ausgehandelt hatte, den er nur mit
Unterstützung von Demokrat*innen hatte durchbringen können. Damit war
ein Shutdown der Bundesregierung abgewendet worden. Dass Gaetz und seine
Mitstreiter*innen für [4][McCarthys Abwahl] noch wesentlich mehr
demokratische Stimmen brauchten, ficht die Rebellen nicht an.
Matt Gaetz hat bereits Unterstützung von Scalise signalisiert. Wie lange
die vorhält, weiß niemand.
5 Oct 2023
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