# taz.de -- Identitäre Bewegung und die AfD: Blau passt gut zu Gelb-Schwarz

> Am Samstag wollen Identitäre in Berlin aufmarschieren. Offiziell
> distanziert sich die AfD von den Rechtsextremen – doch es gibt viele
> Verbindungen.
Ein Parteifunktionär, der bei einer Aktion der rechtsextremen „Identitären
Bewegung“ (IB) fast einen Zivilpolizisten überfährt, dann tagelang
untertaucht und gegen den nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt
wird: Das ist selbst für die AfD nicht mehr tragbar. Gegen Jannik Brämer,
bis dato Schatzmeister des Berliner Verbands der AfD-Jugendorganisation
„Junge Alternative“ und Mitglied des AfD-Vorstands in
Charlottenburg-Wilmersdorf, wurde Anfang des Monats ein
Parteiausschlussverfahren eingeleitet.

Interessant daran ist weniger, dass jetzt dieses Verfahren eingeleitet
wurde – welches bei der AfD zudem noch lange nicht den tatsächlichen
Parteiausschluss bedeuten muss. Sondern, wie lange von einem
Parteiausschluss Brämers keine Rede war: Dass Brämer bei der Berliner
„Identitären“-Demonstration im letzten Jahr mitlief, dass er lange als
Anmelder der bundesweiten IB-Website eingetragen war und dass er gemeinsam
mit dem Berliner IBler Karsten Vielhaber einen Versandhandel für den
modebewussten Patrioten betreibt – all das war für die AfD offenbar kein
Problem.

Das ist symptomatisch für den Umgang der AfD mit der rechtsextremen
Organisation, die für Samstag zu einem europaweiten Aufmarsch in Berlin
mobilisiert: Seit die IB vom Verfassungsschutz beobachtet und in den Medien
klar als rechtsextrem eingeordnet wird, ist die Partei auf eine offizielle
Abgrenzung bedacht und bemüht, etwaige Zusammenarbeit als ein „Einsickern“
der „Identitären“ darzustellen, das man unterbinden wolle. Nimmt man die
Verbindungen aber genauer unter die Lupe, wird klar, dass von einem
ungewollten Eindringen der Rechtsextremen keine Rede sein kann.

So pflegt insbesondere die „Junge Alternative“ (JA) offenbar ein enges
Verhältnis zu den „Identitären“: Neben Brämer liefen im letzten Jahr auch
The-Hao Ha und Joel Bußmann auf der „Identitären“-Demonstration mit. Beide
sitzen im JA-Landesvorstand, Bußmann ist außerdem persönlicher Mitarbeiter
des AfD-Abgeordneten und JA-Landesvorsitzenden Thorsten Weiß. Dieser hatte
im Januar öffentlich eine Zusammenarbeit zwischen JA und IB eingeräumt und
für richtig befunden. Die „Identitären“ „ticken gar nicht so anders zu uns,
sie drücken sich nur anders aus“, hatte er damals gesagt.

Ein Satz, den Weiß heute wohl nicht mehr so sagen würde. Hinsichtlich eines
im Mai öffentlich gewordenen Gruppenfotos, das Berliner AfD-Politiker
zusammen mit mehreren IB-Mitgliedern beim fröhlichen Grillfest im Garten
der Zehlendorfer Burschenschaft Gothia zeigt, versucht es Weiß auf Anfrage
mit einer Distanzierung: Die „mutmaßliche Teilnahme von Mitgliedern der
sogenannten Identitären Bewegung“ stimme ihn „sehr besorgt“, er müsse von
einem „vorsätzlichen Versuch der IB ausgehen, die JA und die AfD durch ihr
unerkanntes Einsickern öffentlich für sich vereinnahmen zu wollen“. Wie
genau es die IB-Mitglieder ohne das Wissen der AfDler auf das Grillfest und
das Gruppenfoto schafften, lässt Weiß offen.

Die Burschenschaft Gothia, in der Mitglieder der „Identitären Bewegung“
ein- und ausgehen, ist offenbar eine wichtige Verbindung zur Berliner AfD:
Mehrere AfDler sind auch Gothianer, darunter Jörg Sobolewski, der auf Platz
7 der Landesliste für den Bundestag steht. Von Sobolewski waren im letzten
Jahr Fotos aufgetaucht, die ihn beim Verbrennen einer Regenbogenfahne im
Gothia-Garten zeigen, 2013 beteiligte er sich an einer Aktion der
„Identitären“ im Reinickendorfer Rathaus.

Immer wieder gibt es auch in Berlin die Forderung, zumindest Teile der AfD
wegen ihrer Nähe zu den „Identitären“ vom Verfassungsschutz beobachten zu
lassen. Gerade im Bundestagswahlkampf wäre das ein Signal, das die in
Berlin momentan auf acht Prozent abgerutschte Partei gar nicht gebrauchen
kann.

Kein Wunder also, dass die AfD zumindest offiziell auf Abgrenzung bedacht
ist. Dass es etwa mit dem Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen JA und IB
nicht so weit her ist, zeigen interne Dokumente der JA, die das ARD-Magazin
„Faktenfinder“ am Dienstag veröffentlichte: So gibt es zwar Anweisungen
insbesondere an die Funktionäre, nicht öffentlich Aufgaben für die IB zu
übernehmen – eine Teilnahme an deren Veranstaltungen stellt aber
offensichtlich kein Problem dar. Durchaus möglich also, dass auch die
Demonstration am kommenden Samstag unerkannt in den Spaziergang einiger
AfDler einsickern wird.

14 Jun 2017

## AUTOREN
Malene Gürgen
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