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Berlin taz | Es war ein trister Herbstabend in Saint-Denis bei Paris. Die
französische Nationalmannschaft hat in ihrem Nations-League-Spiel gegen
die nun wahrlich nicht erstklassige Auswahl aus Israel das Tor nicht
getroffen und quälte sich zu einem 0:0. Es war bereits das vierte torlose
Spiel der Franzosen in diesem Jahr gewesen. Kein Wunder, dass sich kaum
noch jemand eine Karte für einen Auftritt der Bleus kaufen möchte. 16.000
Zuschauer sollen in der Arena gewesen sein – so wenige wie noch nie bei
einem Länderspiel im Stade de France.
War vor dem Spiel noch [1][die Angst vor antiisraelischen und
antisemitischen Ausschreitungen] das große Thema, wurde nach der Partie vor
allem über den Liebesentzug der Fans gesprochen, der die Mannschaft von
Trainer Didier Deschamps getroffen hat. Eine Demo von etwa 400
propalästinensischen Aktivisten vor dem Stadion hatten die
Sicherheitskräfte im Griff, die zu Tausenden aufgeboten worden waren, um
Jagdszenen auf israelische Fans zu verhindern, die eine Woche zuvor nach
einem Europa-League-Spiel in Amsterdam für Entsetzen gesorgt hatten.
Auch die Attacken auf einen Teil der etwa 100 israelischen Fans, die sich
trotz der Empfehlung, dem Spiel fernzubleiben, auf den Weg ins Stadion
gemacht hatten, konnten schnell unterbunden werden. Und so war es am Ende
jenes miese Fußballspiel, über das in Frankreich gesprochen wurde.
Schnell fiel dabei der Name des großen Abwesenden an diesem Abend: Kylian
Mbappé. Den hatte Trainer Deschamps zur Überraschung aller Beobachter nicht
für das aktuelle Länderspielfenster nominiert. „Er wollte schon kommen“,
machte der Weltmeistertrainer von 2018 klar, aber er sollte nicht.
Warum er Mbappé, den Weltmeister von 2018, den besten Spieler des gegen
Argentinien verlorenen WM-Finales 2022, den Kapitän der Bleus, nicht
nominieren wollte, das wollte Deschamps nicht sagen. Dass es nichts mit dem
Skandal zu tun habe, der den französischen Fußball vor einem Monat im
letzten Länderspielfenster erschüttert hat, das immerhin stellte Deschamps
klar.
## Reha im Nachtklub
Damals standen die Nations-League-Partien gegen Italien und Belgien an.
Kylian Mbappé hatte gemeldet, er sei angeschlagen und wolle sich schonen.
Was er jedoch tat, während seine Kollegen mit der Auswahl trainierten und
spielten, kann kaum als Reha-Maßnahme durchgehen. Er jettete nach
Stockholm, besuchte dort die Nobeldisko V-Hall, deren Beschreibungen in der
Presse vermuten lassen, dass die Münchner Schickmicki-Lokalität P1 im
Vergleich dazu nicht mehr ist als eine elende Kaschemme. Die Frauen, die
zum Vergnügen des prominenten Gastes angeheuert worden waren, durften den
reservierten Nebenraum erst betreten, nachdem sie ihre Smartphones
abgegeben hatten, so berichtete es unter anderem die französische
Tageszeitung Le Parisien. Nach der Nacht, die Mbappé im Hotel Bank
verbracht hatte, wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in Schweden
wegen Vergewaltigung ermittelt. Mbappé bestreitet den Vorwurf vehement.
Le Parisien berichtete in der Folge, Mbappé habe einvernehmlichen Sex
gehabt. Die Frau, mit der er das Bett geteilt habe, sei aber eine andere
als diejenige, die die Anzeige gestellt habe. Was in der betreffenden Nacht
in Stockholm passiert ist, darüber wird munter spekuliert.
Doch unabhängig davon, ob es einen justiziablen Fall Mbappé gibt, wirft die
Vergnügungsfahrt nach Stockholm ein Licht auf das Selbstverständnis, mit
dem junge Sportmillionäre in der Welt unterwegs sind. Dass Frauen dabei oft
nicht mehr sind als Objekte der Begierde für die Stars, gehört ebenso zum
Skandal um Mbappé wie die irrwitzige CO2-Bilanz seines Trips in der
Länderspielpause.
## Im Privatjet durch Europa
Auch die wurde dem gar nicht mehr so geliebten [2][Nationalhelden früherer
Tage] in der Presse vorgerechnet. Nach der Schätzung eines Piloten, den die
Sportpostille l’Equipe befragt hat, wurden bei der 6.660 Kilometer langen
Reise Mbappés im gemieteten Privatjet von Madrid, wo der 25-Jährige als
Profi bei Real angestellt ist, nach Stockholm und von dort über Korsika und
Le Bourget zurück in die spanische Hauptstadt 25 Tonnen CO2 ausgestoßen.
Das ist laut der französischen Agentur für Umwelt- und Energiemanagement
mehr als doppelt so viel wie ein Franzose durchschnittlich im Jahr
verbraucht.
Mittlerweile gibt es Agenturen, die derartige Trips für die hochbezahlten
Spieler organisieren. Geld spielt da schon lange nur noch eine Nebenrolle.
100.000 Euro soll allein der Jet gekostet haben, mit dem Mbappé unterwegs
war. Den hat der Profi natürlich ebenso wenig selbst reserviert wie den
„Ping-Pong-Room“ im Nobelklub V-Hall. Auch die Frauen wird Mbappé gewiss
nicht selbst zusammentelefoniert haben, auf dass sie sich im Klub
einfinden.
„MP Hospitality“ heißt das Unternehmen, das den Trip des Stürmers
organisiert hat. Die Agentur, die sich selbst beinahe schon euphemistisch
„Concierge Service“ nennt, ist am dem Stockholmer Etablissement
beteiligt, wie Le Parisien berichtet. Ihr Gründer Marco Djelevic sei mit
Nordi Mukiele befreundet. Der Profi, der seit Sommer beim deutschen
Meister Leverkusen spielt, ist ein Kumpel von Mbappe und war ebenso wie ein
Bodyguard und die persönliche Assistentin des Superstars beim Trip nach
Stockholm dabei.
Ob sich Mukiele, der bis zur vergangenen Saison mit Mbappé bei Paris
Saint-Germain gespielt hat, über das Setting gewundert hat, in das er da
geraten ist? Wohl kaum. Luxustrips nach London, Dubai oder neuerdings
Saudi-Arabien sind fester Bestandteil des Superstarlebens. [3][Ein
vergoldetes Steak] in Dubai zu verzehren, womit sich der ehemalige
Bundesligaprofi Franck Ribéry 2019 noch einen heftigen Shitstorm
eingebrockt hat, gehört dabei zu den harmloseren Dingen. Das wissen die
Freunde des Fußballs nun ziemlich genau, nachdem es gelungen ist, den Trip
Mbappés nach Stockholm zu rekonstruieren.
Als nun vor dem Spiel gegen Israel französische Spieler wie etwa Dayot
Upamecano, der Verteidiger des FC Bayern München, bei Presseterminen mehr
Respekt für den nicht eingeladenen Kapitän gefordert haben, ist das nicht
allzu gut angekommen. Es gehört zu dem tristen Bild, das die französische
Auswahl in diesen Tagen abgibt.
15 Nov 2024
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