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Das Coronavirus sei eine Kreation des Wuhan Institute of Virology,
Windkraftanlagen würden Krebs verursachen und der Klimawandel sei ein
Schwindel, zu Chinas Nutzen, all das sind Behauptungen von Donald Trump.
Der alte und neue US-Präsident ist eine zentrale Figur in der Verbreitung
von Falschinformationen. Seit seinem erneuten Wahlsieg sind Virolog*innen,
Klimaforscher*innen und Meteorolog*innen in den USA besorgt.
Viele Wissenschaftler*innen fragen sich, wie es mit der Forschung
weitergeht. Denn Trumps Kampf gegen die Wissenschaft ist nicht nur eine
Gefahr für Forschende und die eigene Bevölkerung, sondern auch ein Streit
darum, was Fakt ist und was nicht.
Bereits zu seiner ersten Präsidentschaft machten sich viele
Wissenschaftler*innen Sorgen. Die geringe Hoffnung, dass Donald Trump
sich nach seinem Sieg 2016 im Amt mäßigen würde, wurde schnell enttäuscht.
Kurz nach seiner Wahl rief ein Projekt der Columbia Law School den
„[1][Silencing Science Tracker]“, eine Art Online-Datenbank, ins Leben. Der
Tracker sollte jegliche Einflussnahmen der Trump-Administration in den
wissenschaftlichen Betrieb sammeln. In vier Jahren als Präsident gab es
[2][346 solcher Einträge.]
Trump hat etwa die Gelder für die Umweltbehörde EPA zusammengestrichen, das
[3][Malaria-Medikament Hydroxychloroquin] gegen medizinischen Rat als
Corona-Wundermittel gepriesen und versucht, eine [4][Regierungsstudie zu
unterdrücken], die herausgefunden hatte, dass Immigrant*innen der
US-Wirtschaft deutlich mehr nutzen als schaden.
## Trump hat dem Wissenschaftsstandort geschadet
Mit seiner Politik hatte Trump dem Wissenschaftsstandort USA nachhaltig
geschadet. Beispielsweise sank während seiner Präsidentschaft die Zahl
internationaler Studierender. Die Visavergabe wurde erschwert und die USA
damit für hochqualifizierte Forscher*innen unattraktiver. Vorhaben wie
der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, das Trump bereits ein halbes
Jahr nach Amtsantritt 2017 ankündigte, machte vielen
Wissenschaftler*innen klar, dass die Forschung politisiert wurde.
Welche verheerenden Folgen Trumps wissenschaftsfeindliche Politik hatte,
zeigten sich dann nach Ausbruch der Coronapandemie. Aus Sars-CoV-2 machte
Trump so was wie Schrödingers Virus. Mal behauptet Trump, [5][Beweise zu
haben], die belegen, dass das Virus aus einem chinesischen Labor entkommen
sei, dann wieder spielte er die Gefahr durch Corona herunter, sagte, dass
die Krankheit in „99 Prozent der Fälle komplett harmlos“ sei und man bloß
aufhören müsste zu testen, um die Pandemie zu beenden.
Die Folgen von Trumps Kurs waren vielfältig: Die Gewalt gegen asiatische
Menschen stieg sprungartig. Viele, vor allem aus dem republikanischen
Lager, hielten sich nicht an Vorsichtsmaßnahmen oder ließen sich nicht
impfen. Allein bis zum Ende von Trumps erster Amtszeit im Januar 2021
starben rund 400.000 Menschen in den USA an Covid-19.
Nach seiner Wahlniederlage 2020 stehen den USA jetzt weitere vier Jahre mit
Trump als Staatschef bevor. Forschende wie Gregg Gonsalves,
Epidemiologieprofessor an den Universitäten in Yale und Stanford,
befürchten Schlimmes für die Gesundheitspolitik. „Die Personen, die er in
seiner ersten Präsidentschaft für Gesundheitsposten berufen hat, hätte ich
zwar nicht unbedingt ausgewählt, aber es waren Leute mit Sachverstand.
Dieses Mal sieht es so aus, als würde er Ideologen und
Verschwörungstheoretiker berufen“, sagt er der taz.
## „Make America Healthy Again“
Gemeint ist zum Beispiel Robert F. Kennedy Jr., er wird wohl im Zentrum von
Trumps Gesundheitspolitik stehen. Bis August trat erst selbst als
parteiloser Präsidentschaftskandidat an, dann stellte er sich hinter Trump.
„Make America Healthy Again“, hat Kennedy als Ziel ausgegeben und
formuliert klare Feindbilder in seinem Plan, die USA „wieder gesund zu
machen“. Dazu gehört die Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA, die laut
Kennedy einen „Krieg gegen die öffentliche Gesundheit“ führe, indem sie zum
Beispiel vom Verzehr roher Milch abrate, weil, laut Kennedy, diese sich
nicht für die Pharmaindustrie patentieren ließe. Deshalb wolle er die
Abteilung für Ernährungsfragen schließen.
Kennedy sieht sich als Kämpfer gegen das, was er als medizinische
„Orthodoxie“ beschreibt. Er ist gegen das medizinische Establishment. Damit
diskreditiert er die Wissenschaft als Institution, die fanatischen
Glaubenssätzen folgen würde. Als Feinde betrachtet er neben der FDA auch
Wissenschaftler wie Anthony Fauci, der Trump zur Corona-Pandemie beraten
hatte. Und insbesondere ein Thema ist wie kein anderes Sinnbild seines
Kampfs: Impfstoffe. In Impfstoffen sei Quecksilber enthalten und das löse
Autismus bei Kindern aus, argumentiert Kennedy. Daher halte er, Kindern
Impfungen zu verabreichen, für „[6][kriminelles medizinisches
Fehlverhalten]“.
Die Corona-Impfungen sind für ihn die „tödlichsten Impfungen, die jemals
erschaffen wurden“. Als Teil der Children’s Health Defense unterstützte
Kennedy daher die Bemühungen von Impfgegnern im Inselstaat Samoa, wo
aufgrund eines Fehlers von zwei Krankenschwestern 2018 zwei Kleinkinder
durch eine Masernimpfung starben. Daraufhin brach die Masernimpfrate ein –
2019 kam es dann zu einer Epidemie unter samoanischen Kindern mit insgesamt
83 Todesfällen.
Kennedy bestreitet zwar, dass er Impfungen pauschal verbieten wolle,
kündigte jedoch an, dass er die „besten Informationen“ zu Risiken von
Impfungen bereitstellen wolle. Wie das aussehen könnte, zeigen einige
republikanisch dominierte Bundesstaaten schon jetzt. In Florida wird etwa
von [7][mRNA-Impfstoffen gegen Corona] für ältere Menschen abgeraten. Das
geht zurück auf eine Initiative des republikanischen Sanitätsinspektors für
Florida Joseph A. Ladapo, der für ebendiese Rolle auch auf Bundesebene
gehandelt wird.
## Ein neuer March for Science
Florida gehört zu den Staaten mit den höchsten Zahlen von Coronafällen und
-toten. Seit 2022 ist sogar die Lepra im Bundesstaat wieder endemisch
geworden. Yale-Professor Gregg Gonsalves fühlt sich an die Ära der
Aids-Leugnung in Südafrika zurückerinnert, „nur dass es dieses Mal nicht
nur um HIV geht, sondern um den gesamten Gesundheitssektor. Es ist
furchteinflößend.“
Vor allem durch die Haushaltspolitik und Executive Orders, also präsidiale
Verfügungen, wird Trump auf die Wissenschaft Einfluss nehmen können.
Beispielsweise, indem er seine Anhänger auf Schlüsselpositionen in Behörden
installiert oder wie angekündigt das Department of Education, also das
Bildungsministerium, abschafft. Das sind Punkte, die im „Project 2025“
beschrieben wurden, einem autoritär-konservativen Pamphlet, das unter
anderem einen [8][Komplettumbau der Forschungs- und Gesundheitslandschaft]
vorsieht.
In seiner ersten Amtszeit hat sich schnell Widerstand aus den Reihen der
Forschung gebildet. Am 22. April 2017 fand der March for Science, der
Marsch für die Wissenschaft, statt. Allein in der Hauptstadt Washington, D.
C. beteiligten sich 40.000 Menschen. „Wir müssen uns gegen diese Politik
zusammenschließen“, erklärt Gonsalves auch jetzt wieder. „Wir sind nicht
ohnmächtig. Ich habe eine Nachricht an die Mitstreiter*innen aus der
Coronazeit geschickt und gefragt, wer sich beteiligen möchte, die
öffentliche Gesundheit zu verteidigen. In den ersten Tagen haben sich schon
700 Menschen zurückgemeldet.“
Es wird deutlich: Die Wissenschaft befindet sich in einem
Verteidigungskampf. Trump droht bereits, führende
Covid-Wissenschaftler*innen wie Anthony Fauci strafrechtlich zu verfolgen
und Forscher*innen aus Behörden zu entlassen, wenn sie sich ihm
entgegenstellen. Trump hat die Wissenschaft in den Kulturkampf
hineingezogen, es geht um die Deutungshoheit.
15 Nov 2024
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