# taz.de -- Landwirtschaft in Niedersachsen: Die Nitratbelastung ist massiv zurückgegangen

> Nitrat tröpfelt nur noch in den Boden, die Landwirtschaft setzt weniger
> Stickstoff beim Düngen ein. Der Trend könnte sich aber wieder umkehren.
Bremen taz | Die Nitratkonzentration im Sickerwasser hat in Niedersachsen
drastisch abgenommen. Diese frohe Botschaft verkündete am Mittwoch das
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover. Zwischen
2016 und 2023 sei der errechnete Wert im landesweiten Durchschnitt von 58
Milligramm auf 17 Milligramm pro Liter Sickerwasser gefallen.

Auf Ackerflächen, die als besonders nitratbelastet galten, sei der Rückgang
noch stärker ausgefallen: Von 115 auf 27 Milligramm pro Liter Sickerwasser.
Ausreißer nach oben gibt es, [1][wie eine Karte des Landesamtes zeigt], im
Zentrum der Schweineproduktion in den Landkreisen Vechta, Cloppenburg und
Osnabrück sowie in der Grafschaft Bentheim an der Grenze zu den
Niederlanden. Dort liegen die Werte teils deutlich über 100 Milligramm.

„Das sind sehr gute Nachrichten“, erklärte der Präsident des Landesamtes,
Carsten Mühlenmeier. „Wenn alle weiter an diesem Trend mitarbeiten, kommt
die abnehmende Nitratbelastung mittel- bis langfristig auch dem Grundwasser
zugute.“ Ursächlich sei, dass Landwirt:innen ihre Viehzahlen reduziert
hätten. „Vor allem aber geht die Landwirtschaft in den allermeisten Teilen
Niedersachsens deutlich effizienter mit Stickstoff beim Düngen von Äckern
um.“

Dazu sind sie laut Düngemittelverordnung des Bundes gesetzlich
verpflichtet. Diese sei seit 2017 erstmals so ausgestaltet, dass sie ihren
Namen verdient habe, sagte am Donnerstag Friedhelm Taube, Professor für
Agrarwissenschaft an der Universität Kiel, der taz. Deshalb habe sich der
Absatz von Stickstoff-Mineraldünger in Niedersachsen seitdem von knapp
300.000 auf 142.000 Tonnen reduziert. „Dieser Anpassungsprozess der
Landwirtschaft ist zu würdigen.“

## Immer noch zu viel Stickstoff

Allerdings sei dies nur ein Anfang, denn noch immer würde wesentlich mehr
Stickstoff in den Boden gebracht, als Pflanzen aufnehmen können.
Deutschlandweit liege dieser Überschuss im Mittel der letzten fünf Jahre
bei etwa 92 Kilogramm pro Hektar, 15 Kilogramm weniger als vor der
Verabschiedung der Düngemittelverordnung im Jahr 2017. Dass der Rückgang
nicht noch stärker ausfalle, liege vor allem an den tierproduzierenden
Betrieben insbesondere in Nordwest-Niedersachen.

Der Agrarwissenschaftler gibt zu bedenken, dass es sich bei den jetzt
veröffentlichten Ergebnissen des LBEG nicht um Mess-, sondern um
modellierte Werte handle. „Wenn es Messwerte wären, müsste das längst an
deutlich abnehmenden Nährstoffkonzentrationen in den Flüssen erkennbar
sein.“ Dies sei nicht der Fall. Nach dem Nährstoffbericht der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen für die Jahre 2022 und 2023 wird an 267
von 369 Messstellen an Gewässern der Nitrat-Richtwert überschritten.

Zudem brauche es neue Instrumente, um diejenigen Landwirte zu einem
ressourcenschonenderen Umgang mit Düngern zu bewegen, die die Regeln guter
Düngepraxis bisher nicht einhielten. „Etwa zwei Drittel aller Betriebe
halten sich daran, ein Drittel eher nicht.“

Abhilfe schaffen sollte die Fortführung der sogenannten Stoffstrombilanz im
neuen [2][Düngemittelgesetz], was zwar den Bundestag passiert hatte, im
Bundesrat aber kürzlich abgelehnt worden ist. In einer solchen Bilanz
müssen die landwirtschaftlichen Betriebe mit Belegen zum Ein- und Verkauf
dokumentieren, welche Überschüsse an Stickstoff den Betrieb auszeichnen
„Das ist ein klassisches Unternehmens-Controlling, das die guten mit der
Einhaltung entsprechender Grenzwerte vor den schlechten Betrieben schützt“,
so Taube.

## Dünger könnte wieder günstiger werden

Verhalten optimistisch äußerte sich eine Sprecherin von Greenpeace. „Das
ist erst einmal eine positive Entwicklung, die aber verstetigt werden
muss“, sagte Stephanie Töwe. „Bei den meisten Landwirt:innen hat ein
Umdenken stattgefunden, sie bekommen die Auswirkungen der Klimakrise ja
auch als Erste zu spüren.“ Allerdings hätten vielleicht auch finanzielle
Gründe eine Rolle gespielt, da Mineraldünger in den vergangenen Jahren
aufgrund der gestiegenen Energiepreise sehr teuer geworden sei. Jetzt seien
die Preise wieder gesunken, der Trend könne sich daher auch wieder
umkehren.

Reinhild Benning, Agrar-Expertin bei der Deutschen Umwelthilfe, forderte
Verbraucher:innen dazu auf, ihre Einflussmöglichkeiten zu nutzen. Dass
die Tierbestände – und damit auch Nitrate aus tierischen Ausscheidungen
sich in Deutschland immer weiter reduziert hätten, liege auch an einer
sinkenden [3][Nachfrage nach Fleisch]. So lebten nach Angaben des
Statistischen Landesamtes im November 2023 7.037.800 Schweine in
Niedersachsen. Zehn Jahre zuvor waren es 8.760.600.

Aus den errechneten Sickerwasser-Werten lässt sich Benning zufolge nicht
ablesen, „ob die andauernde Überdüngung und die andauernde Überlastung mit
Nitrat im Grundwasser in Niedersachsen reduziert wird“. Die im Grundwasser
gemessenen hohen Werte gäben keinen [4][Anlass zur Entwarnung.]

Deshalb hoffe sie darauf, dass auch das Gericht in der nächsten Instanz der
Deutschen Umwelthilfe recht geben wird. 2023 hatte das
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen nach einer Klage der Umwelthilfe das
Land wie auch Nordrhein-Westfalen dazu verurteilt, für einen besseren
Gewässerschutz im Ems-Gebiet zu sorgen. Beide Bundesländer haben dagegen
Revision eingelegt.

15 Nov 2024

## LINKS
[1] https://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/lbeg-veroffentlicht-ergebnisse-des-basis-emissionsmonitorings-nitratkonzentration-im-sickerwasser-nimmt-drastisch-ab-237162.html
[2] /Kampf-gegen-umweltschaedliche-Ueberduengung/!6021751
[3] https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/BZL/Daten-Berichte/Fleisch/2024BerichtFleisch.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[4] /Guellekrise-in-den-Niederlanden/!6041434
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Niedersachsen
Düngemittel
Schwerpunkt Pestizide
Landwirtschaft
Schwerpunkt Klimawandel
Landwirtschaft
Bauernprotest
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