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Duisburg taz | Ging etwa auch Merle Frohms mit einem weinenden Auge? Auf
jeden Fall rührte es die Torhüterin vom VfL Wolfsburg, dass am Montagabend
auch auf sie ein Pulk von Menschen vor der Haupttribüne der Duisburger
Arena wartete. Ein handgemaltes Plakat, groß wie ein Fußballtor, hing über
den Treppenstufen zum Taxistand, dahinter stellte sich die 29-Jährige für
ein letztes Foto.
Nicht alles drehte sich beim Länderspiel zwischen Deutschland und
Australien (1:2) um Alexandra Popp, wenn auch ihr tränenreicher Abschied im
145. Länderspiel natürlich im Mittelpunkt gestanden hatte. Aber
gleichzeitig empfingen ja auch Frohms und Abwehrchefin Marina Hegering
Blumensträuße, Präsente und Plakate nach dem [1][Karriereende im
DFB-Trikot].
So wie der Industriestandort Deutschland drei VW-Werke verliert, gehen der
Frauen-Nationalmannschaft drei Stützen vom VW-Klub verloren. Lücken, die
nicht so schnell zu schließen sind, wie die „ärgerliche Niederlage“
(Bundestrainer Christian Wück) offenbarte. Die Fußstapfen auf drei
zentralen Positionen sind groß.
## „Viel Spaß mit dem Haufen“
Bei der Übergabe der Kapitänsbinde wünschte die langjährige Anführerin Popp
ihrer Nachfolgerin Giulia Gwinn vom FC Bayern scherzhaft „viel Spaß mit dem
Haufen“, mahnte aber an, das große Ganze im Blick zu behalten, um „Dinge
verändern zu wollen – wir sind noch nicht am Ende der Entwicklung des
Frauenfußballs“. Die neue Generation sei weiter gefordert, erklärte die
33-Jährige, „auch mal ein bisschen Druck auszuüben“.
Vor allem auf Vereinsebene gebe es noch immens viel zu verbessern. Sie sei
noch von Inka Grings [2][oder Annike Krahn] in einer Zeit erzogen worden,
als die Bedingungen beim FCR 2011 Duisburg amateurhaft waren und selbst das
Nationalteam nur bedingt professionell aufgestellt war.
Irgendwie passte es nicht, dass eine solche Vorkämpferin an ihrer
ehemaligen Wirkungsstätte an der Wedau vor den 26.623 Fans nur eine
Viertelstunde mitspielte. „Es war relativ kurz. Ich habe schon auf die Zeit
geschaut und gedacht: ‚Schade, ist ja schon vorbei!‘ Ich kann nicht
leugnen, dass es Spaß gemacht hat“, sagte Popp, die aber natürlich wusste,
dass Wück nur auf der Grundlage eines Kurzeinsatzes überhaupt ihrer aktiven
Abschiedsvorstellung zugestimmt hatte: „Es war so abgesprochen.“
Bloß fand die für Popp eingewechselte Nicole Anyomi wie so häufig beim
Nationalteam nicht zu ihrer Form. Auch Debütantin Lisanne Gräwe (beide
Eintracht Frankfurt) wirkte viel zu zaghaft. Und eine Innenverteidigerin
wie Hegering ist weit und breit nicht in Sicht. Ihre dort aufgebotenen
Klubkolleginnen Janina Minge und Sarai Linder spielen eigentlich auf
anderen Positionen.
## „Findungsphase“ für die Post-Popp-Ära
So begann die zweite Partie unter Wücks Anleitung zwar recht flott, endete
aber zäh. Der 51-Jährige benannte altbekannte Mängel, die schon Martina
Voss-Tecklenburg und Horst Hrubesch zu schaffen machten: Insbesondere in
der zweiten Hälfte sei man „nicht sauber“ gewesen, habe „leichte Fehler im
Ballbesitz“ gemacht und „Pässe nicht in der besten Qualität“ gespielt. Ganz
anders als beim Spektakel in Wembley gegen England (4:3). Da hatte auch
Popp zu Hause „gesehen, wozu die Mannschaft in der Lage ist“.
Wück bekam binnen drei Tagen alle Stärken und Schwächen vorgeführt. Vorne
wie hinten. Stürmerin Selina Cerci (Hoffenheim) schaffte es, erst
entschlossen das 1:0 zu köpfen, dann mit einer schlampigen Ablage das 1:1
zu verschulden. „Es sind diese Basistechniken: Passspiel, erster, zweiter
Kontakt – da muss ich in Ballbesitz einfach ruhiger bleiben“, monierte
Wück, der auch die unglückliche Rolle der am Ball vorbeifaustenden
Torhüterin Stina Johannes (Frankfurt) beim 1:2 ansprach: „Das muss sie
besser lösen.“
Seine ersten vier Freundschaftsspiele stellen für ihn eine „Findungsphase“
für die Post-Popp-Ära dar. Auch gegen die Schweiz in Zürich (29. November)
und gegen Italien in Bochum (2. Dezember) werde noch geprobt, im Anschluss
wolle man „aus einem Pool von 30, 40 Spielerinnen“ auswählen. Popp freut
sich schon, dass sie demnächst nur am TV zuschaut. „Ich finde das nicht
komisch, ich bin extrem mit mir im Reinen.
29 Oct 2024
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