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Ich habe von dir geträumt“, sagt Geralt, während er neben Yennefer reitet.
„So wie ich dich kenne, bestimmt etwas Unanständiges“, flirtet sie.
Yennefers Oberteil ist schwarz, schulterfrei und liegt eng an. Zwischen
ihren Brüsten hat es einen schmalen Spalt. Ihr Rock ist kurz, knapp
darunter enden Spitzenstrümpfe, die aus hohen Stiefeln herausragen.
Praktisch ist das nicht, denke ich noch. Dann werden die beiden
angegriffen.
Yennefers Kleidung soll nicht praktisch, sondern sexy sein. Wichtige
weibliche Charaktere in „The Witcher 3: Wild Hunt“ erkennt man an den
Model-Gesichtern: kleine, spitze Nasen, lange Wimpern und glänzende, volle
Lippen. Die Gesichter der unwichtigen Frauen sind runder, die Nasen größer
und die Lippen dünner. Nur sexy Frauen sind relevant.
Dabei gilt „The Witcher“ bezüglich Geschlechterrollen als fortschrittlich.
Immerhin ist Yennefers Charakter nicht nur sexy. Sie agiert unabhängig vom
Protagonisten Geralt und kämpft mit ihm. Und doch bedient sie das Bild
einer Frau, deren Glück vom Begehren eines Mannes abhängt.
Sie ist eine von zwei Frauen im Spiel, mit denen Geralt romantisch
anbändeln kann. Die beiden umwerben ihn eifersüchtig. „Die schwierigste
Entscheidung im Game ist: Nehme ich den Goth oder die Rothaarige?“, witzelt
ein Spieler auf Youtube.
## Von Männern für Männer
Frauen als Trophäen oder sexuell verfügbare Objekte. Nicht alle Videospiele
verbreiten dieses Bild, aber viele. Denn Videospiele, vor allem
Rollenspiele, werden von Männern für Männer gemacht. Der vielleicht erste
starke weibliche Rollenspiel-Charakter war Lara Croft. 1996 erschien der
erste Teil der Reihe „Tomb Raider“. Angeblich ist die Protagonistin nur
weiblich geworden, weil man sich keinen turnenden Mann vorstellen konnte.
Turnen ist ja unmännlich!
Als Lara Croft springt man durch Höhlen und schießt mit Pistolen um sich.
Und das mit riesigen Brüsten. Ein Versehen sei Letzteres nicht gewesen,
erzählte der Entwickler 24 Jahre später dem Magazin [1][The Gamer]. Lara
Croft setzte 1996 den Standard. Wenn schon Frau, dann wenigstens sexy.
Die Folgen spürt man noch heute. Rollenspiele wie „The Witcher“ werden
[2][laut einer Studie von 2017] zu 74 Prozent von Männern gespielt. Macht
Sinn, wenn Frauen darin entweder überhaupt keine oder sexualisierte Rollen
spielen.
## Endlich darf die Frau die Heldin sein
Zum Glück denken Spielehersteller langsam um: Nach mehr als 20
Zelda-Spielen handelt in „The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom“ erstmals
Zelda (die Frau) und darf Link (den Mann) retten. Wie unfeministisch viele
Videospiele sind, wird mit Blick auf aktuelle Film- und Serienadaptionen
deutlich. Videospiel-Fans kritisierten die Netflixserie „The Witcher“ unter
anderem, weil die Frauen nicht sexy genug seien.
Selbst Sexualisierungs-Endboss Lara Croft hat in ihrer neuen Serie, die
aktuell auf Netflix zu sehen ist, einen realistischen Körper mit muskulösen
Oberschenkeln, Bizeps und nicht-überdimensionierten Brüsten. Es geht voran
in der Gaming-Welt: Frauen dürfen menschlich sein.
21 Oct 2024
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