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Hamburg taz | Der schillernde Investor Lars Windhorst scheint im Begriff zu
sein, seine Werften in Rendsburg und Flensburg vor die Wand zu fahren.
Schleswig-Holsteins Politik ist jedenfalls alarmiert. Wirtschaftsminister
Claus Ruhe Madsen (CDU) forderte Windhorst am Rande einer Japanreise zum
Rückzug auf. „Ich glaube, es gibt potenzielle Investoren, aber dafür
brauchen wir den ersten Schritt von Herrn Windhorst – nämlich dass er
aussteigt“, sagte er dem NDR.
Die beiden Werften, die zu Windhorsts Tennor-Gruppe gehören, haben seit
Monaten Probleme. Sie bekommen keine Aufträge, halbfertige Schiffe können
nicht fertig gebaut werden, Gehälter wurden verspätet bezahlt. Nach Angaben
der IG Metall Rendsburg warten an beiden Standorten 120 der 500
Beschäftigten noch auf ihren Lohn für September.
Auch aus Sicht des Betriebsrates [1][liegen die Probleme bei Windhorst].
Seit Jahren bleibe er die Bürgschaften schuldig, die Kunden die Sicherheit
gewähren, dass sie angezahltes Geld zurückbekommen, sollte ihr Schiff nicht
fertig gebaut werden. Das Geld sei so knapp, dass der Tüv der Kräne nicht
bezahlt, Werkzeuge nicht geprüft und Arbeitsmaterialien nicht beschafft
werden könnten, sagt Jan Brandt, Betriebsrat bei der [2][Flensburger
Schiffbau Gesellschaft (FSG)].
Für die Kapitalknappheit spricht auch, dass die Bundesregierung Ende Juli
62 Millionen Euro Fördermittel für die FSG widerrief. Das Geld war für den
Bau von Flüssiggas (LNG)-Bunkerschiffen vorgesehen. „Leider wurde das
mehrfach zugesicherte Eigenkapital zur Besicherung der Aufträge nicht zur
Verfügung gestellt“, bedauerte damals der Koordinator der Bundesregierung
für die Maritime Wirtschaft, Dieter Janecek (Die Grünen).
## Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild
Windhorst galt als unternehmerisches Vorbild, weil er als Teenager im
Computergeschäft Millionen verdiente. Später machte er Schlagzeilen als er
Anteile am Fußballverein Hertha BSC Berlin kaufte. Neben den Werften hat er
[3][Ärger mit dem Ihme-Zentrum, einem Beton-Komplex] aus Wohnungen,
Geschäften und Büros in Hannover. Windhorst versprach 2019, den Koloss zu
sanieren. Jetzt läuft ein Insolvenzverfahren zu der entsprechenden
Tochterfirma, bei dem sich Windhorst im Juni einen Haftbefehl einhandelte,
weil er Auskünfte verweigerte.
In Flensburg werde regelrecht Geld verbrannt, sagt Betriebsrat Brandt: „Es
gibt Kollegen, die haben seit sechs Monaten nichts mehr gemacht.“ Lohn gäbe
es trotzdem, wenn auch oft mit Verspätung. Dass die Arbeiter bei Nobiskrug
in Rendsburg und FSG in Flensburg die Füße stillhalten müssen, ist aus
Sicht des Betriebsrats umso unverständlicher als es reichlich Aufträge an
Land zu ziehen gäbe.
Die Flensburger Werft könne bis zu einer Größe von 220 mal 32 Metern „fast
alles bauen“, sagt Betriebsrat Peter Böker. Die Werft könne im
Offshore-Geschäft nachgefragte Schiffstypen anbieten und sich auch an
Konverterplattformen für Offshore-Windparks mitbauen. „Fähren,
Spezialschiffbau, Marine, oft hochspezifische Lösungen für anspruchsvolle
Kunden, haben wir alles gekonnt und würden wir auch wieder hinbekommen“,
sagt Böker. Dafür sei ein Gesellschafter nötig, der das Vertrauen der
Banken, der Politik und der Kunden gewinnen könne.
„Wir sind als Betriebsrat mit anderen Firmen vernetzt“, sagt sein
Betriebsratskollege Brandt. „Es gibt Firmen, die würden gerne mit uns
kooperieren.“ Aber man höre immer wieder: nicht mit Windhorst. Dass
Windhorst sich verabschiede, sei „der einzig gangbare Weg“, sagt auch
Betriebsrat Peter Böker. Dass dieser irgendwann die Wende schaffe, sei nach
20 Ankündigungen ohne Taten folgen zu lassen abwegig.
„Wir haben jetzt das große Problem, dass vermutlich auch niemand mehr
bereit ist, einen Auftrag dort zu platzieren, weil das Vertrauen einfach
weg ist“, sagte Minister Madsen. Das betreffe nicht nur die Mitarbeitenden,
sondern auch die Politik.
Schleswig-Holsteins Grünen-Landtagsfraktionschef Lasse Petersdotter sprach
laut Deutscher Presse-Agentur von einem Skandal, dass die Beschäftigten bei
[4][FSG] und [5][Nobiskrug] erneut auf ihr Gehalt warten müssten. Windhorst
komme seiner Verantwortung als Unternehmer mal wieder nicht nach. „Mit
Windhorst an der Spitze haben die Werften keine Zukunft. Es ist dringend
Zeit, dass der Weg für eine neue Zukunft frei gemacht wird.“
Betriebsrat Brandt warnt vor einem Braindrain, sollte sich die unsichere
Situation noch lange hinziehen. 100 Mitarbeiter hätten die Schwesterwerften
in den vergangenen zwölf Monaten verloren, sagt er. Die meisten hätten von
sich aus gekündigt.
„Das sind Ingenieure, Planer, Schweißer – Fachkräfte in allerlei Bereichen,
die man für den Schiffsbau braucht – und wer erst mal weg ist, kommt
sicherlich so schnell nicht mehr wieder“, sagte Madsen dem NDR. Selbst wenn
die Leute sehr gerne Schiffe bauten – eine Unsicherheit wolle man nicht
haben.
Ein Sprecher der FSG-Nobiskrug Holding teilte auf Anfrage mit: „Derzeit
gibt es keine öffentliche Stellungnahme.“
9 Oct 2024
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