# taz.de -- Liberales Judentum: Neue Rabbinerin in Hamburg

> Erste ihrer Art: Seit 1. Oktober ist Alina Treiger Hamburgs liberale
> Landesrabbinerin. Mit solchen Premieren kennt die gebürtige Ukrainerin
> sich aus.
Hamburg taz | Superlative säumen ihren Weg: Nichts Geringeres als „die
erste Landesrabbinerin in der Geschichte Hamburgs und der Bundesrepublik“
werde am heutigen Tag ernannt. So teilte es spät in der vergangenen Woche
der Israelitische Tempelverband in Hamburg mit, die dortige Liberale
Jüdische Gemeinde also. Deren Kantorin sowie Gemeinde- und, eben,
Landesrabbinerin ist seit dem 1. Oktober Alina Treiger.

Und die 45-Jährige kennt sich aus mit solchen ersten Malen: 2011 war sie
[1][die erste Frau seit 1935], die in Deutschland zur Rabbinerin ordiniert
wurde – und damit die zweite überhaupt in Deutschland. Ihre historische
Vorgängerin, [2][Regina Jonas], 1935 die weltweit erste Rabbinerin, war
1944 in Auschwitz ermordet worden.

Treiger ist in Poltawa, Ukraine, geboren, noch zu Sowjetzeiten, und
aufgewachsen „in einem jüdischen Umfeld“, so der [3][Hamburger
Tempelverband]. Seit 2002 lebt sie in Deutschland, die Qualifikation fürs
nun in Hamburg bekleidete Amt erwarb sie am Abraham-Geiger-Kolleg in
Potsdam, wo sie auch ihren späteren Ehemann traf. Zuvor hatte sie in der
Ukraine Musik studiert und war am Moskauer „Institut des progressiven
Judentums“ zwei Jahre lang für die Gemeindearbeit ausgebildet worden.

Treiger hat eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie es ist, seine
Religion nicht praktizieren zu dürfen: Das ist die Erfahrung aus der
Sowjetzeit. „Ich habe meine jüdische Identität seit der Kindheit getragen
und zu ihr gestanden“, [4][hat sie 2011 dem Online-Medium „Oldenburger
Lokalteil“ erzählt]. „Als es dann nach dem Ende der Sowjetunion möglich
wurde, die Religion auszuüben, war es klar, dass wir als Familie in die
Gemeinde gehen.“

Andererseits hat sie danach – „im Grunde ein Zufall“, sagte sie darüber mal
– das liberale vor dem orthodoxen Judentum kennengelernt. Am erwähnten
Moskauer Institut, [5][so Treiger 2011 zur taz], „war es
selbstverständlich, dass eine Frau vorbeten und aus der Thora lesen kann.
Dass es etwas sehr Ungewöhnliches ist, habe ich erst wahrgenommen, als ich
nach Deutschland kam.“

Seit ihrer Ordination hat Treiber die Jüdischen Gemeinden Oldenburg und
Delmenhorst betreut, zusammen an die 500 Gläubigen, etwas mehr als künftig
an der Elbe: Rund 340 Mitglieder hat nach eigenen Angaben der
Tempelverband, mithin die deutlich kleinere dortige jüdische Gemeinde; rund
2.300 Mitglieder gibt die größere, orthodox geprägte Jüdische Gemeinde an.

Beide Gemeinden liegen in mal mehr, mal weniger offenem Clinch: darum, wer
mit welchem Recht die jüdischen Menschen in der Stadt repräsentiere; auch
darum, [6][welche Gemeinde die Stadt Hamburg, in theologischen Fragen
eigentlich nicht zur Parteinahme angehalten, als Gesprächspartnerin
ansieht].

Als Rabbinerin folgt Treiger auf den Niederländer Edward van Voolen, 76,
der das Amt seit Anfang 2023 und davor schon mal von 2006 bis 2011
bekleidet hatte. Ihr Vertrag beginnt heute, Treiger wird „die Gottesdienste
für kommende Hohe Feiertage übernehmen“, so der Tempelverband am 30.
September. Ihre feierliche Einführung – beziehungsweise die Verabschiedung
von Voolens – sind für Anfang Dezember geplant.

5 Oct 2024

## LINKS
[1] /Ordination-in-Berlin/!5132936
[2] /!5508045/
[3] https://www.itvhh.org/
[4] https://web.archive.org/web/20110326163920/http://www.oldenburger-lokalteil.de/2011/03/16/das-ist-eine-einladung/
[5] /Ordination-in-Berlin/!5132936
[6] /Hamburgs-Umgang-mit-dem-juedischen-Leben/!5987176
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Judentum
Hamburg
Gleichberechtigung
Judentum
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